Figurenschmuck der Moltkebrücke

Figurenschmuck der Moltkebrücke

Foto: Susanne Kähler, 2003, CC-BY-4.0

Die im Verlauf der Moltkestraße / Alt-Mobit die Spree überquerende Moltkebrücke hat eine Stützweite von 75,0 Metern. Die Brücke ist mit zwei Ladestraßen mit je einer Bogenöffnung und drei Wasseröffnungen konstruiert. Die Klinkersteinarchitektur ist mit Verblendlinkern verkleidet. Alle wichtigen Architekturglieder und die Aufbauten sind aus rotem Mainsandstein gearbeitet. Die sechs Schlusssteine der Wasseröffnungen zeigen Reliefs mit männlichen Porträts und Masken. „Die Postamente an den Flusspfeilern schmücken Kriegstrophäen und auf den Namensgeber bezogene Attribute wie die für ihren Scharfsinn bekannte Eule, die umgeben von Büchern vor einer Militärkarte hockt; die Dekoration am zweiten Pfeiler zeigt einen über erbeuteten Waffen thronenden Preußenadler. Die Bogenzwickel füllen heraldische Motive sowie der Berliner Bär und das Moabiter Wappen. Den Schmuck der Unterwasserseite arbeitete Johannes Boese. Als Schlusssteine der Bögen über den Flussöffnungen befinden sich stromaufwärts Porträts von Moltke (Mitte), Derfflinger und Blücher, stromabwärts die Köpfe zweier römischer Feldherren und wiederum Moltke (Mitte), die von Carl Begas entworfen wurden. Auf der Brücke erheben sich über reichgegliederten Steinsockeln acht Bronzekandelaber, deren Schäfte von Kindern in Dreierkonfigurationen umstellt werden. Diese teilen sich in vier unterschiedliche Gruppen auf und führen Kriegsattribute sowie Pauken und Trompeten mit sich.“ (Weinland, 1994, S. 190). Die Brüstungen, die die Fahrbahn über die Brücke begleiten, enden beidseitig der Brückenköpfe in rechteckigen, reichgegliederten Postamenten. Diese tragen jeweils in Fahrtrichtung ausgerichtete Greifenskulpturen. Die geflügelten Mischwesen, aus Löwe und Greifvogel gebildet, hocken auf ihren Hinterläufen. Die jeweils zur Innenseite weisende Tatze ruht auf der Plinthe auf, während sich die Tatzen der erhobenen äußeren Vorderläufe auf bronzene Wappenschilder stützen. (Jörg Kuhn)

Fakten

Werkdaten

Schaffende/Datierung

Stahn, Otto (Architekt:in)
1886-1891

Begas, Karl (Bildhauer:in)
Boese, Johannes (Bildhauer:in)
Trophäen der Unterwasserseite

Piper, Carl (Bildhauer:in)
der originalen Kandelabergruppen, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden

Jäkel, August (Bildhauer:in der Rekonstruktion)
Greifen, Kandelabergruppen

Datierungs­hinweise

1943 stark beschädigt, 1945 teilweise gesprengt, 1947 Notsicherung; 1983 bis 1986 saniert, Bauplastik teilweise neu nachgeschaffen

Objekt­geschichte

Die mit drei Wasseröffnungen und zwei Ladestraßen bei einer Stützweite von 75,0 Metern nicht kurze und breite Brücke erhielt einen plastischen Figurenschmuck, der von Carl August Piper (1856-1914), Carl Begas (1845-1916) und Johannes Boese (1856-1917) geschaffen wurde. Während die Gewölbe mit Verblendklinker verkleidet wurden, erhielten die wichtigen Architekturglieder und insbesondere die Aufbauten ein kostbareres Material, nämlich roten Main-Sandstein. Der bildplastische Schmuck, Porträts und Masken an den sechs Schlusssteinen, vier wappenschildhaltende Greifen, vier Waffentrophäen und die vierundzwanzig zwerghaften Krieger der acht bronzenen Kandelaberaufsätze wurde thematisch auf das Kriegshandwerk des Namengebers, Feldmarschall von Moltke, bezogen. Im Zweiten Weltkrieg büßte die Brücke durch Einschmelzung und Zerstörung einen Teil ihres bronzenen und sandsteinernen Schmuckes ein. Die Brücke selbst wurde 1945 durch eine teilweise Sprengung unbenutzbar gemacht. 1947 erfolgte eine behelfsmäßige Wiederherstellung, die jedoch auf eine Wiederherstellung des beschädigten oder verlorenen Figurenschmucks verzichtete. Erst 1983-1986 wurde die Brücke mit Unterstützung des Bundes im Vorfeld der 750-Jahr-Feier Berlins grundlegend in Stand gesetzt. Der Bildhauer August Jäkel (*1930) wurde in den 1980er Jahren beauftragt, den bauplastischen Schmuck nachzuschöpfen. Ein Teil der beschädigten Fragmente des architektonischen Aufbaues der Brücke gelangte dabei in die Obhut des Grünflächenamtes im Tiergarten (Adresse: Straße des 17. Juni 31), wo sie heute noch auf dem „Steinhof“ gelagert werden. Durch die veränderte Straßenführung im Bereich des nach Plänen von Axel Schultes und Charlotte Frank 1997-2001 errichteten Bundeskanzleramtes ist die verkehrsmäßige Erschießung der Moltkebrücke gegenüber der Situation zur Ersterrichtungszeit verändert. Durch das Bundeskanzleramt im Süden der Brücke, der ebenso dort an der Otto-von-Bismarck-Allee gelegenen Schweizer Gesandtschaft, der Nutzung des Reichstagsgebäudes durch den Deutschen Bundestag und auch durch die Errichtung des neuen Hauptbahnhofes im Bereich des Lehrter Stadtbahnhofes, hat die Moltkebrücke neuerlich eine repräsentative Funktion zurückerhalten (Jörg Kuhn).

Verwendete Materialien

Rotsandstein (Bauplastik) (Materialarchiv)
Bronze (Kandelaber) (Materialarchiv)
Stahl (Materialarchiv)
Bronze (Schilde, Tafeln) (Materialarchiv)

Technik

behauen (Bauplastik)
gegossen (Kandelaberfiguren)
geschmiedet (Kandelaber)
gegossen (Wappenschilde)
gegossen (Inschriftentafel)

Inschriften

Inschrift (gemeißelt)
Brüstung, Mitte, Innenseite West
»MOLTKE / BRUECKE«

Inschrift (gegossen)
Brüstung, Mitte, Innenseite West
»ERBAUT 1886-91 / ZERSTOERT 1943 REPARIERT 1947 / ERNEUERT 1983-86«

Zustand

gut (gesamt, 2003)

Vollständigkeit

vollständig, nach Nachschöpfung der Figuren 1983-1986


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