Rousseau-Säule

Rousseau-Säule

Foto: Susanne Kähler, 2003, CC-BY-4.0

Dreizonige „Säule“ über Standplatte. Der größte Teil der Säule, die untere Zone, ist spiralförmig von einem flachen Band mit leichter Bossierung umwunden. Nach einer eingezogenen Kehlung folgt ein in gerundeten Formen schalenartig gebildetes Glied mit geglätteter Wandung, darüber, nach einem weiteren Rücksprung folgt die „Krone“ als letzte Gestaltungszone. Die „Krone“ besteht aus einer friesartigen, einfachen Reihung gleichförmiger, in ihrem Umriss annährend quadratisch angelegter, stilisierter Blüten (Susanne Kähler, Jörg Kuhn).

  Werkdaten

SchaffendeDatierung
Anlauf, GünterKünstler_In1987
Datierungshinweise
Einweihung: 20. Juni 1987
Objektgeschichte
Das mit Günter Anlauf ein renommierter Berliner Bildhauer gewonnen werden konnte, die Aufgabe zu übernehmen, ein Rousseau-Denkmal zu schaffen, dass sowohl als ein Kunstwerk der Postmoderne erkennbar ist, als auch die traditionelle Gestaltung von Rousseau-Denkmälern berücksichtigt, ist als ausgesprochener Glücksfall zu werten. Anlaufs Rousseau-Denkmal ist ein unprätentsiöses und wohlproportioniertes, gelungenes Werk. Einer der bekanntesten Philosophen, Schriftsteller und Pädagogen der französischen Aufklärung, Jean-Jacques Rousseau (1712-1778), dessen Aufforderung „Zurück zur Natur“ eine zentrale Rolle innerhalb seines naturphilosophischen Werkes einnimmt, wurde nach seinem Tod 1778 auf einer kleinen Insel innerhalb eines Teiches im Park von Ermenonville bei Paris beigesetzt (die sterblichen Überreste wurden später zum „Pantheon“ in Paris überführt). Das in Form eines antiken Sarkophags gestaltete Grabmal Rousseaus auf der künstlichen Teichinsel im Park von Ermenonville wurde zu einem hauptsächlichen Sinnbild der aufklärerischen und sentimentalen Grundstimmung am Ende des 18. und am beginnenden 19. Jahrhundert. In zahlreichen sentimentalen Landschaftsgärten der Zeit, etwa im Park von Wörlitz bei Dessau, wurden auf kleinen Teichinseln Rousseau-Denkmäler errichtet, zumeist in Form eines altarblockartigen Zippus mit aufgesetzter Schmuckurne oder Schale. Im Großen Tiergarten wurde um 1792 durch Justus Ehrenreich Sello d. J. (geb. 1758) auf Veranlassung des Ministers des Forstdepartements, Graf Friedrich Wilhelm von Arnim (gest. 1801), erstmals ein Parkbereich im Sinne eines ‚modernen’ Landschaftsgartens gestaltet. Im Bereich der sogenannten „Neuen Partie“ wurde in einem hier teichartig erweiterten Wasserlauf die ‚Rousseau-Insel’ eingerichtet. Die künstlich angelegte Insel erhielt eine Bepflanzung mit hochschäftigen, mehrstämmigen Erlenbäumen und zwischen 1797 und 1798 ein möglicherweise aus Holz gearbeitetes Rousseau-Denkmal in Form einer gesockelten Schmuckurne. Folkwin Wendland vermutet, dass ursprünglich das vermutlich aus Holz gearbeitete Rousseau-Denkmal von Johann Gottfried Schadow durch eine Ausführung in Stein ersetzt werden sollte. Durch den Tod v. Arnims im Januar 1801 kam es aber offenbar nicht mehr zu diesem Auftrag (Wendland, 1993, S. 72). Das Denkmal war bereits im 2. Viertel des 19. Jahrhunderts nicht mehr vorhanden. 1835/1836 gestaltete Joseph Peter Lenné den Bereich der ehemaligen „Neuen Partie“ um, veränderte auch die Uferlinienführung des Teiches, behielt die Rousseau-Insel jedoch in überlieferter Form von 1792 bei. Er ergänzte die direkte Umgebung der Insel jedoch mit der Anlage weiterer, etwas größerer künstlicher Inseln. „Interessanterweise hat sich die Uferlinie des kleinen Sees, in dem sie (die Rousseau-Insel, J. K.) sich befindet, seit Lennés Entwurf nicht verändert“ (Wendland, 1993, S. 269). Der Bewuchs der Insel verwilderte im Laufe der Zeit. 1984 wurde der überalterte Baumbestand aus Weichhölzern bei einem Sturm zusätzlich verwüstet. 1987 wurden in Anlehnung an die bildlich in einem von L. I. Müller verfertigten Stich um 1800 (Parkpflegewerk Großer Tiergarten 1993, Bd. 1, S. 254 nach Wendland, 1985, Abb. 35; in der überarbeiteten Neuauflage von Wendland, 1993, S. 74, Abb. 42) überlieferte Bepflanzung eine Neubepflanzung mit Erlen vorgenommen. Anlässlich der 750-Jahr-Feier Berlins 1987 konnte durch die Gartendenkmalpflege Berlin die Firma Bertelsmann AG gewonnen werden, für die Rousseau-Insel ein neues Gedenkmal an Rousseau zu stiften. Obgleich in einer Radierung von Meyer von 1825 die Gestalt des Rousseau-Denkmals (im Zustand von 1825, der vermutlich nicht mehr den Zustand von 1797/1778 wiedergibt) nachgewiesen werden konnte, wurde jedoch beschlossen, ein neues Kunstwerk in Auftrag zu geben, das sich in freier Anlehnung an Gedenksäulen des 18. Jahrhunderts orientieren sollte. Dies ist geschehen und das neue Rousseau-Denkmal ist ein interessantes Beispiel für die postmoderne, „historistische Kunst“ der 1980er Jahre.Die Rousseau-Säule von Günter Anlauf konnte am 20. Juni 1987 anlässlich des 275. Geburtstages von Jean-Jacques Rousseau (geb. 1712) eingeweiht werden (Susanne Kähler, Jörg Kuhn).
Maße
gesamtHöhe2.2 m
Verwendete Materialien
gesamtSandstein, oder Kalkstein
Technik
gesamtgemeißelt
ZustandZeitpunkt
gut2003
verschmutzt, leicht2003
Vollständigkeit
vollständig

  Nachweise

  • Endlich, Stefanie: Skulpturen und Denkmäler in Berlin, Berlin, 1990, S. 171.
  • Ehmann, Horst: Berlin: Kunst im Stadtraum, Berlin, 1988, S. 54.
  • Reclams Kunstführer Berlin, Stuttgart, 1991, S. 198.
  • Wendland, Folkwin: Der Große Tiergarten in Berlin, Berlin, 1993, S. 71, 72-74, 269-271. Abb. 42, 43, 207, 208a, 208b

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