Fliehende Rehe

Fliehende Rehe

Foto: Jürgen Tomisch, Barbara Anna Lutz, 2020, CC-BY-4.0

Das Betonrelief befindet sich im rückwärtigen Pausenhof, an der Außenwand der Turnhalle. Die breite Betonplatte, in die in der Art eines versenkten Reliefs durch Frässchnitte Tierdarstellungen herausgearbeitet sind, zeigt Rehe in einer charakteristischen Fluchtsituation. „Die Fluchtbewegung eines Rudels Rehe ist einzigartig. Sie tauchen wie ein Schwarm Delphine über der Grasfläche auf, dann verschwinden sie gemeinsam wieder in der Fläche. Tauchen wieder auf, und mit jedem Sprung fliegen sie leicht zwölf Meter weit. Nach etwa zehn Sprüngen sind die Rehe bereits außer Sichtweite. Manchmal reicht nicht einmal die Zeit, das Gewehr neu zu spannen.“ (Jiang Hag: Jagd und Flucht.. In: Lettre International, 062 Herbst 2003: https://www.lettre.de/content/jiang-hao_jagd- und-flucht) Renée Sintenis gelang es, diesen Bewegungsablauf meisterlich mit nur wenigen kantigen, abstrahierenden Umrisslinien und zugleich naturnah wiederzugeben. In weiten bogenförmigen Sprüngen hetzen vier Rehe in die gleiche Richtung über die gesamte Breite des Reliefs. Dabei erinnert die auf Konturen reduzierte Darstellung der Tierkörper an prähistorische Zeichnungen oder flache Einritzungen von Jagdszenen an Höhlenwänden. Leider ist das Relief nicht mehr an seinen ursprünglichen Ort im Innern des alten Schulgebäudes. Es ist etwas erhaben in die geputzte Außenwand des neuen Turmhallengebäudes eingelassen, mit einem weißen Putzrand umgeben und im Farbton der Wand überstrichen. Dadurch ging die Materialität der ehemals ungestrichenen, rauen Betonoberfläche verloren (Jürgen Tomisch, Barbara Anna Lutz).

  Werkdaten

SchaffendeDatierung
Sintenis, RenéeKünstler_In1957
Objektgeschichte
Mit der Namensgeberin der Schule, der Bildhauerin Renée Sintenis, verbinden sich mehrere Kunstwerke, die ihren Platz im oder vor dem Schulgebäude fanden. Zur Schuleröffnung 1957 wurden folgende Bildhauerarbeiten von Sintenis aufgestellt: Der Hinweisstein Berlin vor dem Schuleingang, das Wandrelief "Fliehende Rehe", das das Innere der Schule schmückte sowie die in den Schulgängen, auf dem Hof und im Foyer eingerichteten Waschbecken und Trinkbrunnen. Zusätzlich wurde damals im Windfang der Schule eine von Karl Bobek geformte Porträtbüste von Renée Sintenis aufgestellt. Erst 1960 wurde die Plastik "Großes stehendes Fohlen" im Vorgarten der Schule platziert. Das 1957 gefertigte Betonrelief Fliehende Rehe war ein Geschenk der Künstlerin. Mit ihm bedankte sie sich für die Ehre, dass die neue Frohnauer Schule ihren Namen 1955 verliehen bekam. Das Betonrelief wurde im Innern der Schule wie eine Supraporte über einem offenen Durchgang eingebaut. Im Zuge der Instandsetzung und Erweiterung der Schule Anfang der 1990er Jahre wurde für einen zweiten Turnhallenbau der alte Verbindungstrakt zur Sporthalle abgebrochen, wo sich das Betonrelief als befand. Auf Initiative der Architekten der Erweiterungsbauten, Hilde Léon und Konrad Wohlhage, konnte das Relief vor der Zerstörung bewahrt werden. Man versetzte es nach der 1994 fertiggestellten neuen Turnhalle, die rückwärtig anschließt, und fügte das Relief in die östliche Außenwand ein. Es befindet sich seitdem im inneren Hof, um den sich alle neuen und alten Bauteile gruppieren. Dabei nahm die Darstellung von Rehen im Werk von Renée Sintenis, ob als Zeichnung oder als Bronzeguss. eine zentrale Rolle ein. Einzigartig ist allerdings das großformatige Betonrelief mit der Darstellung fliehender Rehe, das die Künstlerin für die Frohnauer Schule geschaffen hat. Es gehört zu den ungewöhnlichsten Arbeiten in ihrem Werk, das sich in Material, Technik und formaler Gestaltung von den anderen Arbeiten abhebt. „Mit knappen, teilweise offenen Umrißlinien werden vier in die gleiche Richtung flüchtende Rehe gezeichnet. Im Vergleich mit anderen Rehzeichnungen, die sich auch weitgehend auf die Kontur beschränken, sind die Tiere hier stark abstrahiert. Es finden sich keine weichen, die Gliedmaßen umschreibenden Linien, sondern gerade, kantige Skizzen, die nur kurz die Bewegungsrichtung eines jeden Körpergliedes andeuten. Die bei den Skulpturen so deutlich heraus- gearbeiteten Körperrelationen treten völlig in den Hintergrund, einzig der Drang nach vorne zählt, wird mit minimalen Mitteln überzeugend zum Ausdruck gebracht.“ (Buhlmann, 1983, S. 65) (Jürgen Tomisch, Barbara Anna Lutz).
Maße
Höhe0.75 m
Breite2.75 m
Verwendete Materialien
Beton
Technik
gegossen
bearbeitet
gefräst
Inschriften
Plakette (geprägt)
rechts oberhalb
RENÉE SINTENIS/ 1888 1965/ "Fliehende Rehe"
ZustandZeitpunkt
gut2020
EckenAbplatzungen, gering2020
BetonflächeFarbanstrich, nachträglich überstrichen2020
Vollständigkeit
vollständig

  Nachweise

  • Berger, Ursel: Renée Sintenis. Das plastische Werk, zur Ausstellung im Georg Kolbe Museum Berlin, Berlin, 2013, S. 147. WV Nr. 222
  • Buhlmann, Britta E.: Renée Sintenis: Werkmonographie d. Skulpturen, Darmstadt, 1987, S. 68, 253. WV Nr. 190
  • Renée Sintenis: Plastiken, Zeichnungen, Druckgraphik: 11.12.1983 – 4. 3.1984, Georg-Kolbe-Museum, Berlin, 1983, S. 65.

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