Bismarck-Denkmal

Bismarck-Denkmal

Bismarckdenkmal, Bismarck-Nationaldenkmal
Foto: Layla Fetzer, 2020, CC-BY-4.0

Denkmalanlage mit Standbild Otto von Bismarcks auf hohem Mittelsockel, flankiert von vier großen Bronzefiguren beziehungsweise Bronzegruppen. Das Standbild des Reichskanzlers steht auf einem hochpolierten roten Granitsockel, der auf einem dreistufigem roten Granitunterbau aufruht. Dieser Unterbau hat eine rechteckige Form mit apsisförmigen Ausbuchtungen an der Vorder- und Rückseite in der Höhe des Standbildes, hier befanden sich ehemals sechs Bronzereliefs, von denen lediglich noch einige Bronzerosetten als Halterungen vorhanden sind. Begas stellte Bismarck mit Helm und in seinem Kürassierüberrock dar, in dem er zum Reichstag zu gehen pflegte. In seiner linken hält er einen Säbel, seine Rechte hält er über ein die Urkunde der Reichsgründung darstellendes Dokument. Die Stütze wird aus einem mit einem Tuch bedeckten Steinhaufen gebildet. Wie auch die vier im folgenden beschriebenen Assistenzfiguren ist das Bildnis des Kanzlers mit einer grünen Patinaschicht überzogen. Die vier den Sockel umgebenden Figuren sind als Allegorien der Leistungen des Dargestellten zu verstehen: Vorne kniet der gebeugte Atlas mit der Weltkugel als Sinnbild dafür, dass Bismarck das Schicksal seines Volke trägt. Auf der ehemals dem Reichstag zugewendeten Rückseite ist Siegfried, das Schwert schmiedend dargestellt. Auf der linken Seite des Unterbaus ruht eine in einem Buch lesende Sibylle auf dem Rücken einer Sphinx als Symbol der Staatsweisheit. Die rechte Seite ist durch eine Darstellung der Staatsgewalt belegt. Eine Jungfrau mit Helm hält mit ihrem Fuß ein Raubtier am Boden (Werk August Gauls).
Zwei rechteckige Bronzereliefs sind rechts und links in den Sockel eingelassen. Auf der linken Seite ist die Büste Bismarcks zu erkennen, die von zwei Putten bekränzt wird. Links davor sitzt ein Jüngling mit Fackel, rechts davor steht ein Fanfare blasender Jüngling. Auf dem Bronzerelief der rechten Seite ist eine Eule auf einem Sockel dargestellt, davor Folianten, eine Siegelrolle (die Urkunde der Reichsgründung), ein Lorbeerzweig, und links ein Waffenarrangement. In der Luft sind kreisende Raben dargestellt (Jörg Kuhn).

  Werkdaten

SchaffendeDatierung
Begas, ReinholdKünstler_In1897-1901
Gaul, AugustBeteiligte_r
Raubtier
Cauer, LudwigBeteiligte_r
der verlorenen beiden Brunnengruppen (Tritonen, Najaden)
Datierungshinweise
Einweihung vor dem Reichstagsgebäude am Königsplatz (heute Platz der Republik) 16. Juni 1901. Wiedereinweihung nach der Umsetzung von 1938-1939: 19. April 1939. Sockelreliefs 1958/1960 entfernt.
Objektgeschichte
Anläßlich des 80. Geburtstages des Fürsten Otto v. Bismarck wurde 1895 ein Wettbewerb für die Schaffung eines Nationaldenkmals ausgeschrieben. Wettbewerbssieger wurde Reinhold Begas, der bei der Ausführung der Modelle seine Meisterschüler mit einbezog. Wie schon beim etwas früheren Kaiser-Wilhelm I.-Nationaldenkmal an der Schloßfreiheit arbeitete auch August Gaul an einer der Gruppen des Sockelschmucks recht selbständig mit. Die Gestaltung der Pantherfigur trägt erkennbar die Handschrift des bekanntesten Berliner Tierplastikers am Anfang des 20. Jahrhunderts. Am 16. Juni 1901 wurde das Bismarck-Denkmal auf dem Königsplatz (heute Platz der Republik) vor dem Reichstagsgebäude in Anwesenheit Kaiser Wilhelms II. enthüllt. Es ersetzte eine barockisierende Brunnenanlage mit Springfontäne. 1938/1939 ließ Albert Speer, der Generalinspektor für die Neugestaltung der Reichshauptstadt, das Bismarck-Denkmal, die Denkmäler für die Generalfeldmarschälle Helmuth Graf v. Moltke und Albrecht Graf v. Roon sowie die 1873 enthüllte Siegssäule vom Königsplatz entfernen, um zusätzlich Platz für das gigantische geplante neue politische und städtebauliche Zentrum im Spreebogen zu schaffen. Am alten Standort vor dem Reichstag blieben auch die beiden flankierenden Brunnenbecken mit ihrem reichen allegorischen Figurenschmuck (Tritonen und Najaden von Ludwig Cauer; nichts davon ist nachweisbar erhalten) zurück. Am Abend vor Adolf Hitlers 50. Geburtstag, am 19. April 1939, wurden sie an ihrem neuen Standort am Großer Stern eingeweiht. Der Umzug des Bismarck-Denkmals war mit Umbauten verbunden. So wurden die Begleitfiguren um etwa einen Meter an das Standbild des Fürsten herangerückt sowie der Stufenunterbau um einige Stufen verkleinert. Zudem hat das Bismarckdenkmal 1958/1960 bei einer Sanierung die sechs Reliefs der Reliefserie am Sockel verloren (Marc Wellmann, Jörg Kuhn). Im Juli 2020 wurde das Denkmal großflächig mit rosaner Farbe beschmiert und der Schriftzug "Decolonize Berlin" wurde auf den Sockel aufgetragen. Dies ist als politisches Statement im Kontext der Dekolonialisierungs–Debatte einzuordnen. Es kann als Aufforderung verstanden werden, sich auch öffentlich in differenzierter Form mit der deutschen Kolonialgeschichte auseinanderzusetzen. Die Art der Ehrung von Persönlichkeiten wie Otto von Bismarck, welcher die Kolonialisierung maßgeblich mitbestimmte, muss aus heutiger Perspektive kritisch betrachtet und diskutiert werden. Das Denkmal wurde wenige Tage nach der Aktion wieder vollständig gereinigt. Im Juni 2020 werde bereits das Bismarck-Denkmal in Hamburg beschmiert. Im Dezember 2020 kam es erneut dazu, dass das Denkmal mit roter Farbe versehen wurde. Dieses wiederholte Statement ruf nach Aufmerksamkeit und kann als Aufforderung betrachtet werden, Geschichte zu reflektieren (Layla Fetzer).
Maße
gesamtHöhe15 m
StandbildHöhe6.6 m
Verwendete Materialien
Bronze
SockelGranit, über Mauerkern
Inschriften
Inschrift (applizierte Bronzelettern)
am Sockel, Vorderseite
BISMARCK
Inschrift
am Sockel, Rückseite
DEM ERSTEN / REICHSKANZLER / DAS / DEUTSCHE VOLK / 1901
Bezeichnung (gegossen)
an der Plinthe linke Seite
REINHOLD BEGAS fec.
ZustandZeitpunkt
beschmiert2003
beschädigt, Einschusslöcher2003
Ausflickungen2003
Bronzenkorrodiert2003
Rosettenverloren, teilweise2003
beschmiert, Hauptansichtsseite2020-07
gereinigt2020-07
beschmiert2020-12-25
Vollständigkeit
unvollständigReliefs des Sockels fehlen, Sockel verkürzt, beide Flankenbrunnen verloren

  Nachweise

  • Endlich, Stefanie: Skulpturen und Denkmäler in Berlin, Berlin, 1990, S. 172-173.
  • Wirth, Irmgard: Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Bezirk Tiergarten, Berlin, 1955, S. 214.
  • Reclams Kunstführer Berlin, Stuttgart, 1991, S. 330.
  • Bloch, Peter: Ethos und Pathos: die Berliner Bildhauerschule 1786-1914, Berlin, 1990, S. 200-201.
  • Bloch, Peter: Die Berliner Bildhauerschule im neunzehnten Jahrhundert : das klassische Berlin, Berlin, 1994, S. 252. Tafeln 327-330
  • Meyer, Alfred Gotthold: Reinhold Begas, Leipzig, 1897, S. 82-83, 126ff..
  • Badstübner-Gröger, Sibylle: Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler: Berlin, München, 2000, S. 450-451.
  • Sünderhauf, Esther Sophie: Begas. Monumente für das Kaiserreich, Berlin, 2010, S. 265-267.
  • Lesser, Katrin: Gartendenkmale in Berlin, Parkanlagen und Stadtplätze , 2013, S. 191.
  • Ingwersen, Erhard: Standbilder in Berlin, Berlin, 1967, S. 89-90. Abb. 35
  • Scharf, Helmut: Kleine Kunstgeschichte des deutschen Denkmals, Darmstadt, 1984, S. 230. Tafel 159
  • Müller-Bohn, Hermann: Die Denkmäler Berlins in Wort und Bild, Berlin, 1905.
  • Berger, Ursel: Enthüllt: Berlin und seine Denkmäler: Zitadelle, Berlin, 2017, S. 47, 64-67. Bd. II (Aufsätze)
  • Gabler, Josephine: August Gaul : das Werkverzeichnis der Skulpturen, Berlin, 2007.
  • Mallebrein, Wolfram: Deutsche National-Denkmale, München, 1995, S. 32.
  • Mai, Ekkehard: Kunstverwaltung, Bau- und Denkmal-Politik im Kaiserreich, Berlin, 1981, S. 277-314.
  • Seele, Sieglinde: Lexikon der Bismarck-Denkmäler : Türme, Standbilder, Büsten, Gedenksteine und andere Ehrungen ; eine Bestandsaufnahme in Wort und Bild, Petersberg, 2005.

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