Vier Putti

Vier Putti

Allegorien der vier menschlichen Temperamente
Foto: Susanne Kähler, 2019, CC-BY-4.0

Auf Postamenten im Stil des 18. Jahrhunderts stehen vier nackte Putten nach spätbarocken Vorbildern (Königliche Bildhauerwerkstätten, Gottfried Knöffler). Sie symbolisieren die vier menschlichen Temperamente, ausgestattet mit den traditionellen Attributen und Physiognomien. Der Choleriker scheint ständig von brennenden Gefühlen gepeinigt zu sein, er speit selbst gerne Gift und Galle vor heißer Wut. Der schreiende Putto steckt in einem Drachenmaul, aus dem lichterloh die Flammen züngeln. Ein rasender Schmerz quält ihn wie ein Dolchstich. Auf quellenden Wolkenmassen, den Engeln nah, ist ein anderer Putto gestützt, den Kopf dem Himmel zugewendet. Dieser blutvolle Sanguiniker schwebt voller Pläne in Wolkenkuckucksheimen, aber auch mache Idee ist viel Dampf und blaue Luft. Der Phlegmatiker wird trotz beigegebenem Spaten nicht leicht die Hände rühren, denn sie sind ihm gebunden. Das gemauerte Bauwerk, an das er gestützt steht, verfällt zur Ruine, noch bevor es vollendet ist. Der fast schlaftrunkende, friedvoll-sanfte Blick, lässt nicht nur den Eindruck von Ruhe, sondern von Stillstand entstehen. Grämlich schaut der Melancholiker, auch er durch innere Verstrickungen anzeigende Stricke am kraftvollen Handeln gehindert. Das Buch, vielleicht die Heilige Schrift, ist nicht Erbauung, sondern Anlass zum selbstmitleidigem Grübeln und Mittel zur Weltflucht. Alles scheint auf Messers Schneide zu stehen, wie der Putto selbst auf einer ihm zu Füßen liegenden Waffe (Jörg Kuhn).

  Werkdaten

SchaffendeDatierung
Knöffler, GottfriedBildhauer_In des Vorbilds1980-1987
VEB Stuck und Naturstein (Kollektiv)Bildhauer_In der Kopie
Datierungshinweise
nach Vorbildern der Zeit von 1763 bis 1770; 1987 aufgestellt
Objektgeschichte
Nach Vorbildern des frühen 18. Jahrhunderts; 1987 aufgestellt. "Kopien nach Originalen aus der Skulpturensammlung der Staatlichen Museen Berlin, die in der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts entstanden sein dürften. Die Originale standen einst vermutlich im Schlosspark Niederschönhausen, die Kopien schuf in den (19)70er Jahren die Bildhauerwerkstatt des VEB Stuck und Naturstein Berlin" (Stefanie Endlich, 1990). "Die gelungenen Putten, die die vier Temperamente darstellen, wurden von Gottfried Knöffler geschaffen (...) Die Figuren entstanden 1763-(17)70 in Berlin für den Schloßpark Niederschönhausen (...) Die Originale befinden sich im Bodemuseum zu Berlin" (E. Matthies, 2009, S. 75). Zutreffend ist, dass sich die Originale der vier Putten im Bode-Museum aufbewahrt werden. Die barocken Originale standen viele Jahrzehnte im Vorgarten des so genannten Kavalierhauses in der Breitestraße 45 in Berlin-Pankow (vgl. Gerhard Kapitän: "Vier Gartenplastiken des Berliner Barock", in: Bildende Kunst, Jahrgang 1955, Heft 1, S. 130-133; Eva Mühlbächer: "Gottfried Knöffler als Bildhauer der 'Pankower Putten'", in: Forschungen und Berichte, Hg. von den Staatl. Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Bd. 31 (1991), S. 211-220). Das in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts errichtete eingeschossige Gebäude mit Krüppelwalmdach diente ab 1866 als Wohnhaus der Familie des Schokoladenfabrikanten Richard Hildebrand (1858-1937) und wurde als "Hildebrandsche Villa" bekannt. Wann die barocken Putten in den Vorgarten gelangten, scheint ungeklärt zu sein. Im Jahr 2000 wurden im Garten Breitestraße 45 vier Kopien aufgestellt. Die Kopien im Schloßpark Friedrichsfelde sind also etwa 20 Jahren früher entstanden. Die am - vom Schloss aus gesehen - hinteren Platz an einer Wegekreuzung im Bereich der Mittelachse des Nordparterres aufgestellten Putten stellen allegorisch die vier menschlichen Temperamente dar. Der Choleriker steckt in einem Drachenmaul, aus dem die Flammen emporzüngeln. Er schreit mit weit geöffnetem Mund und hält einen Dolch gegen den Oberkörper gerichtet. Diese Figur lässt sich zusätzlich auch als Allegorie des Feuers beschreiben. Der Sanguiniker wird offenbar von den heftig blasenden Windgöttern zu leidenschaftlichem Tun getragen. Hier wird auch eine Allegorie der Luft mitillustriert. Dem Melancholiker sind Attribute beigelegt, die Schwermut andeuten können: Buch, Fesseln, Dolch. Der Phlegmatiker hält zwar einen Spaten, der Arbeit anzeigen könnte, doch lässt das ruinöse oder unvollendete Bauwerk als Hinweis auf reichlich verflossene Zeit ohne Einsatz lesen, da dem Phlegmatiker scheinbar die Hände gebunden sind. Gleichwohl die Nachricht vorliegt, dass die Figuren aus Sandstein gearbeitet seien, haben sie die Anmutung von Kunststeinfiguren. Dies könnte an der Fassung/Lasur liegen (Jörg Kuhn, Susanne Kähler, Nicola Vösgen).
Verwendete Materialien
Sandstein
Technik
behauen
ZustandZeitpunkt
alt gereinigt2019
Materialverluste, Dolch beim Choleriker2019
biogener Bewuchs, leichter2019
alt geflickt, Unterarm des Cholerikers2019
Vollständigkeit
unvollständigDolch fehlt

  Nachweise

  • Matthies, Enrico: Tiere mit steinernem Herzen und bronzener Haut. Der künstlerische Schmuck des Tierparks Berlin, Berlin, 2009, S. 75, 78-79. Abb. 99 bis 102
  • Endlich, Stefanie: Skulpturen und Denkmäler in Berlin, Berlin, 1990, S. 263.
  • Goder, Ernst: Plastiken, Denkmäler, Brunnen in Berlin: Gesamtverzeichnis, Katalog, Berlin, 1993, S. 34.

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