Das Museum für Naturkunde ist ein heller Ziegelbau, bestehend aus einem dreiteiligen Gebäudeensemble, dessen Planung von dem Architekten August Tiede stammt. Inmitten des dreigliedrigen preußisch-historistischen Baus, der stark vom Renaissance-Stil beeinflusst ist, entsteht durch die langen Seitenflügel ein großer Lichthof, der an Ehrenhöfe (Cour d’honneur) in Renaissance-Schlössern erinnert.
Die Fassade des Eingangsbereiches, welcher durch eine bezäunte Grünfläche etwas abseits der Invalidenstraße beginnt, ist durch einen Mittelrisaliten, Fensterreihen, sowie bauplastischem Schmuck gekennzeichnet. Das Museumsgebäude erstreckt sich an jedem seiner Teilgebäude über drei gleich hohe und symmetrisch gestaltete Geschosse, einem knappen Unterbau mit Fenstern, einenm Dachgesims und einem Attikaaufsatz. Auf jedem Geschoss befindet sich eine Fensterfront, bestehend aus jeweils 14 eingefassten Rundbogenfenstern mit Sprossen und einem hervorspringenden, ornamental gestalteten Schlussstein sowie einem dekorativen Schild unter den Fenstern. Im ersten Geschoss sind zwischen den Rundbogenfenstern zusätzlich Scheibenornamente in das Mauerwerk eingelassen. Jedes Geschoss wird von einem Gurtgesims im oberen Bereich abgeschlossen. Im zweiten Geschoss befindet sich unter dem Gurtgesims zusätzlich ein Bandornament, bestehend aus Tiermedaillons und floralen Ornamenten mit Anthemien, die an die Fensterschlusssteine anschließe,. Im oberen Geschoss sind zwischen den Fenstern und unter dem Dachgesims Blendpaneele angebracht. Das obere Dachgesims im dritten Geschoss wird zusätzlich von Kragstützen gehalten. Über dem Gesims wird das Gebäude von einem Attikaufsatz abgeschlossen.
Der Mittelrisalit des Frontgebäudes wird gebildet durch eine Freitreppe, dem Eingangsportal in Form eines Rundbogens, einem darüber liegenden Segmentbogengiebel und vier halbsäulenartigen Pilastern, auf welchen auf den äußeren beiden zwei menschliche und vollplastische Statuen stehen. Die drei Fenster im zweiten Geschoss des Mittelrisaliten sind mit Balustraden versehen und der Zwischenraum zwischen ihnen mit ornamentalen Friesen geschmückt. Im oberen Geschoss des Mittelrisaliten sind sechs Säulen mit korinthischem Kapitell vor die Rundbogenfenster gesetzt, wovon vier davon im mittleren Bereich gekoppelt sind. Über den Fenstern sind drei Blendpaneele mit Bildnismedaillons und weiterer ornamentaler Gestaltung angebracht. Der Attikaaufsatz des Mittelrisaliten ist mit einer Balustrade geschmückt und wird an den Rändern von Akroterien in Form von Vasen und einem mittig angesetzten Dachschmuck bekrönt. Die Vasen sind auch an den Rändern des gesamten Frontbaus zu finden. Im Giebelfeld des Mittelrisaliten ist zudem der Name des Museums in vergoldeten Lettern angebracht (Pauline Ahrens).
Kategorie
Epoche
Bezirk/Ortsteil
Schaffende/
Tiede, August (Architekt:in)
1875-1889
Diener & Diener Architekten (Architekt:in der Rekonstruktion)
Sanierung der Ostfassade (Fertigstellung September 2010)
Datierungshinweise
Entwurf 1874; Umbau 1892, um 1905, 1909, 1913
Objektgeschichte
Das Museum für Naturkunde entstand 1889 durch die Zusammenlegung dreier Lehrsammlungen: der Geologisch-Paläontologischen, der Mineralogisch-Petrographischen und der Zoologischen Sammlung. Diese waren zuvor am Standort der 1810 gegründeten Friedrich-Wilhelms-Universität (Unter den Linden, später Humboldt-Universität) untergebracht. Da der Bestand dieser Sammlungen immer mehr zunahm und bis 1880 zwei Drittel des Gebäudes von ihnen eingenommen waren und zusätzlich immer weniger Platz für eine Koexistenz von Forschenden und Besuchenden am Haus vorhanden war, sollten sie schlussendlich in einen eigenen Museumsneubau, der genug Platz für Sammlung, Forschung und Ausstellungen bieten sollte, überwandern. Als Standort für den Neubau wurde das Grundstück der 1874 aufgelösten und abgerissenen Königlich-Preußischen Eisengießerei an der Invalidenstraße 43 gewählt. Zusammen mit dem Museumsgebäude entstanden dort auch Gebäude für die Königlich-Landwirtschaftliche Hochschule (heute die Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät der Humboldt-Universität) und die Geologische Landesanstalt und Bergakademie (heute Sitz des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen). Nach einer langen Planungs- und Entwurfszeit des Architekten August Tiede für das neue Museumsgebäude, die durch Differenzen in der Konzeption zwischen Tiede und dem künftigen Direktor Peters, sowie Sparmaßnahmen beim Bau zu begründen sind, wurde das neue Museum letztendlich zwischen 1885-1889 erbaut und am 02.12.1889 von Kaiser Wilhelm II. eröffnet. Kurz darauf wurde schon klar, dass der Bau in der nahen Zukunft kaum genug Platz für weitere Sammlungsgegenstände bieten könne, was u.a. durch einen Anstieg der Forschungsreisen und Expeditionen in der Kolonialzeit zu begründen war. Daraufhin wurde zwischen 1913 und 1917 das Museum durch ein Quergebäude baulich erweitert. Dieser wurde zwischen 1918 und 1925 nochmals umgebaut, um den Ansprüchen der damaligen Leitung gerecht zu werden. Das Museumsgebäude erlitt in den letzten Monaten des zweiten Weltkrieg schwere Beschädigungen, die z.T. noch heute an der Fassade der Seitenflügel abzulesen sind. So stürzte der Ostflügel durch einen Bombenanschlag am 03.02.1945 fast vollständig ein, sodass von den dort befindlichen Sammlungsgütern und der Bausubstanz nur Reste übrig blieben. Da das Museum für Naturkunde zu Zeiten des Kalten Krieges Ost-Berlin angehörte, konnte eine Grundsanierung dieses Flügels wegen fehlender finanzieller Mittel erst nach der Wiedervereinigung stattfinden. 1995 wurde ein Architekturwettbewerb für die Sanierung und Modernisierung des Museum für Naturkundes ausgeschrieben. Der Siegerentwurf der Architekten Diener & Diener sah vor, “die fehlenden Teile [...] weder nach[zubauen] noch [zu] rekonstruier[en], sondern als Abbild der alten Fassade neu [zu] gestalte[n].” (Baunetzwissen) Dafür wurde mithilfe von Silikonabformungen Stahlbeton-Repliken der alten Fassade hergestellt und eingesetzt, so dass diese auch im Unterschied zur originalen Fassade erkennbar sind. Weitere Modernisierungsmaßnahmen an dem wiederaufgebauten Trakt umfassten zudem das Zusammenführen der sog. Alkoholsammlung am Haus und den Ausbau des oberen Geschosses zu einer Präparationswerkstatt. Insgesamt dauerte der Bau von Ende 2006 bis 2010. 2012 wurde Diener & Diener Architekten mit dem “DAM Preis für Architektur in Deutschland” ausgezeichnet. Der Zukunftsplan des Museum für Naturkunde sieht in den nächsten Jahren weitere bauliche, sowie inhaltliche Erweiterungen und Modernisierungen am Haus vor. Dafür bekam es eine staatliche Subventionierung in Höhe von 660 Mio. (Quelle: https://www.museumfuernaturkunde.berlin/de/zukunft/zukunftsplan) (Pauline Ahrens)
Verwendete Materialien
Tuff (gesamt) (Materialarchiv) , Brohler Tuffstein
Ziegelstein (Materialarchiv)
Sandstein (Bauplastik) (Materialarchiv)
Technik
Inschriften
Lettern (vergoldete Lettern )
Giebelfeld
»MUSEUM FÜR NATURKUNDE«
Vollständigkeit
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