Kapitell

Kapitell

Foto: Jürgen Tomisch, Barbara Anna Lutz, 2020, CC-BY-4.0

Das Säulenrelikt befindet sich auf den begrünten Mittelstreifen des Edelhofdamms, dem östlichen Ende des Joseph Brix-Felix Genzmer Parks. Das Relikt einer Säule aus dem Innern des 1893 abgerissenen Berliner Doms im Lustgarten Berlin-Mitte ist der nicht mehr zur Gänze erhaltene korinthische Säulenkopf. Er ist auf einer quadratischen, niedrigen Kunststeinbodenplatte gelagert, wie schwebend auf Betonsteinen aufgestelzt. Die steinerne Bodenplatte mit Scharrierung entspricht wohl der originalen Platte des um 1912 im damaligen Erholungspark (heute Ludwig-Lesser-Park) platzierten Kapitells. Das Fragment besteht aus den zwei Teilen des Kapitellkörpers: dem oberen quadratischen Körper mit der vierkantigen, konkav eingezogenen Deckplatte (Abakus) und dem unteren runden Säulenhaupt. Beide Teile sind aus Sandstein modelliert. Die einst reiche Dekoration weist zahlreiche Fehlstellen auf: Von den vier Eckvoluten sind Teile abgebrochen, einige Abakus- Blüten fehlen und die stilisierten Akanthusblätter haben einige ihrer nach vorne überfallenen Spitzen verloren. Auf der Oberseite des Abakus befinden sich Einritzungen mit Steinmetzzeichen. Beim Kapitell ist eine Hinweistafel auf einem Baumstumpf aufgestellt, die über die Herkunft der Bauskulptur informiert (Jürgen Tomisch, Barbara Anna Lutz).

  Werkdaten

SchaffendeDatierung
UnbekanntKünstler_In1747-1750
Objektgeschichte
Das Architekturstück kam zusammen mit einem weiteren Kapitell um 1912 nach der gerade eröffneten Gartenstadt Frohnau als repräsentativer Schmuck der Gartenanlagen. Sie stammen aus dem evangelischen Berliner Dombau am Lustgarten, der 1893-94 für den von Julius Raschdorff entworfenen neuen Dom weichen musste. Der zweite Berliner Dom entstand 1747-50 nach Plänen von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff und Friedrich II. durch Johann Boumann d. Ä. in barocken Formen. Die Saalkirche hatte im Innern entlang der Längsseiten bei den Emporen 24 korinthische Säulen auf Postamenten, davon waren einige gekuppelt. Anfang des 19. Jahrhunderts nahm Karl Friedrich Schinkel unter Wahrung der barocken Bausubstanz eine Neugestaltung im Sinne des Klassizismus vor, im Innenraum in den Jahren 1816-1817, am äußeren Erscheinungsbild 1820-1822. Schinkel veränderte das Innere des Doms umfassend. Er begradigte die umlaufenden Emporenbrüstungen zwischen den Säulen und vereinzelte die gekuppelten Säulen derart, dass nun 24 Säulen mit korinthischen Kapitellen alle Seiten des Kirchenschiffes in Emporenhöhe umgaben. Dort, „wo es notwendig war, wurden neue Säulen gemauert“. Anschließend bekamen die Säulen einen “marmorartigen Lackfirnis“ (Rave, 1941, S.25 f.). Sie trugen anstelle der ursprünglich schlichten Flachdecke ein halbrundes kassettiertes, hölzernes Tonnengewölbe über dem Mittelschiff. 1893 wurden vermutlich auf Intiative von Julius Raschdorff, seit 1878 Professor für Baukunst an der Technischen Hochschule Charlottenburg, aus dem abgebrochenen Dom mehrere historische Bauelemente geborgen, die in die Sammlung der Architekturabteilung der neuen Technischen Hochschule kamen. Sie dienten wohl als Anschauungsmodelle für die Studierenden. Darunter befanden sich mehrere der großen korinthischen Kapitelle der Säulen des ursprünglichen Baus von 1747-1750, die vermutlich beim Umbau durch Schinkel wiederverwendet wurden. Zwei der Säulenfragmente kamen um 1912 nach der Gartenstadt Frohnau, wo sie sich noch heute befinden. Sie schmückten Plätze der vom Gartendirektor Ludwig Lesser gestalteten Gartenanlagen. Ein Kapitell befand sich auf dem Platz V am Ende der Wiltinger Straße, wo seit 1922 das Kriegerdenkmal steht. Das zweite Kapitell schmückte wohl den Erholungs- park, dem heutigen Ludwig-Lesser-Park. Während eines der Relikte noch heute sich im Ludwig-Lesser-Park befindet, wurde das andere später nach der Mittelpromenade des Edelhofdamms, heute Joseph Brix-Felix Genzmer Park, versetzt. Weitere Spolien des alten Berliner Doms befinden sich im öffentlichen Berliner Raum. Im Gartenhof der Technischen Universität steht hinter dem Hauptgebäude eine der zwei ionischen Säulen, die von Schinkel im Portikus verbaut wurden. Von 1974 bis 2012 befanden sich im Schloßpark Charlottenburg am Schinkelpavillon zwei weitere korinthische Säulenkapitelle aus dem Innern des abgebrochenen Doms, die den Frohnauer Stücken gleichen. Sie sind heute auf der Nordseite des Berliner Doms auf einer Bodenplatte aufgestellt. Als Überrest des 1893-94 abgebrochenen zweiten evangelischen Berliner Doms kommt dem Säulenfragment eine besondere berlin- und baugeschichtliche Bedeutung zu. Das korinthische Kapitell stammt wohl aus dem Ursprungsbau, der 1747-50 nach Plänen von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff und Johann Boumann d. Ä. am Lustgarten erbaut wurde. Der Säulenkopf erinnert an die einstige dekorative Ausschmückung des Innern mit korinthischen Säulen. Die ausgezeichnete bildhauerische Arbeit ist damit ein wichtiges skulpturales Dokument des friderizianischen Barocks in Berlin. Das ehemals die Gartenanlagen Frohnaus zierende Architekturstück sollte als Teil des Gartendenkmals Straßen- und Grünflächensystem Frohnau in die Denkmalliste aufgenommen werden und eine würdigere, gepflegtere und geschützte Aufstellung finden (Jürgen Tomisch, Barbara Anna Lutz).
Maße
KapitellHöhe1.17 m
Breite1.3 m
Tiefe1.3 m
BodenplatteHöhe0.29 m
Breite1.35 m
Tiefe1.35 m
Verwendete Materialien
Sandstein
ZustandZeitpunkt
biogener Bewuchs2020
beschädigt, sandet aus 2020
Abplatzungen2020
Vollständigkeit
vollständig

  Nachweise

  • Endlich, Stefanie: Skulpturen und Denkmäler in Berlin, Berlin, 1990, S. 78.
  • Klingenburg, Karl-Heinz: Der Berliner Dom : Bauten, Ideen und Projekte vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Berlin, 1992, S. 46, 69, 73, 159, 164.
  • Lesser, Katrin: Gartendenkmale in Berlin, Parkanlagen und Stadtplätze , 2013, S. 257f..
  • Rave, Paul Ortwin: Karl Friedrich Schinkel. Lebenswerk, Berlin Erster Teil. Bauten für die Kunst, Kirchen, Denkmalpflege, Berlin, 1941, S. 210-214.
  • Wagner, Heinz: Die beiden korinthischen Säulenkapitelle in Frohnau, Berlin, 2000, S. 14-16.
  • Karl Friedrich Schinkel, Architektur, Malerei, Kunstgewerbe. Katalog zur Ausstellung 13. März bis 13. September 1981, Berlin, 1981, S. 138.

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