Denkmal für die 96 ermordeten oder verschleppten Reichstagsabgeordneten

Denkmal für die 96 ermordeten oder verschleppten Reichstagsabgeordneten

Foto: Susanne Kähler, 2003, CC-BY-4.0

96 Eisenplatten mit irregulären Konturen, in regelmäßigen Abständen hochkant auf einer rechteckigen Betonplatte aufgereiht. Mit Inschriften in erhabenen Lettern versehen. In den Boden an der südlichen Schmalseite sind zwei rechteckige Inschriftenplatten in die Bodenpflasterung eingelassen (Kähler/Kuhn).

  Werkdaten

SchaffendeDatierung
Appelt, DieterKünstler_In1992
Eisenlohr, Klaus W.Künstler_In
Müller, JustusKünstler_In
Zwirner, ChristianKünstler_In
Fa. BehrGießerei
Berlin-Weißensee
Datierungshinweise
Grundsteinlegung am 26.02.1992; Einweihung am 12.09.1992
Objektgeschichte
Nach der Grundsteinlegung am 26. 2. 1992 wurde das Denkmal vor dem Reichstag wurde am 12. 9. 1992, d. h. drei Jahre vor Beginn der Umbaumaßnahmen am Gebäude als Sitz des Bundestages, eingeweiht. Als Initiator wird die „Perspektive Berlin“ e. V. genannt, namentlich Lea Rosh und Ada Whitake Scholz. Die Herausgeberschaft haben der Senat von Berlin, der BVV Tiergarten, der Deutsche Gewerkschaftsbund und der Deutsche Bundestag übernommen. Laut Sylvia Wolf hat Dieter Appelt den ausgeschriebenen Wettbewerb gewonnen, er wird hier als federführend unter den vier Künstlern genannt. Die Ausführung übernahm die Werkstatt Eisengießerei Behr in Weißensee. Bei dem Denkmal für die ermordeten Abgeordneten handelt es sich um eine Gestaltung, die mit Schlichtheit und Würde dem Andenken an die Opfer gerecht wird. Jedes der Opfer findet individuelles Gedenken durch eine Tafel, durch die Querstellung der Tafeln wird offensichtlich symbolisiert, dass sie ihren Weg nicht weiterbeschreiten konnten. Das Denkmal hat vor dem Reichtag einen passenden Aufstellungsort gefunden. Das Werk steht in einem starken Kontrast zu dem bekannten Oeuvre Dieter Appelts, bei den es sich häufig um bewusst schockierende Selbstinszenierungen handelt, aber auch im Kontrast zu dem Oeuvre Eisenlohrs. Das Denkmal für die 96 ermordeten Reichstagsabgeordneten wurde an exponierter Stelle vor dem Reichstag platziert, der Sinnzusammenhang wird deutlich. Besucher des Reichstags gehen zwangsläufig an der sich direkt neben dem Gehweg befindenden Gedenkstätte vorbei. Die kantigen, schiefer-imitierenden, gusseisernen Tafeln sind der einzige Teil des Denkmals, der sich über das Pflaster erhebt, die Betonplatte sowie die Inschriftentafeln sind direkt in die Pflastergestaltung eingebunden. Zwei annähernd quadratische, in den Boden eingelassene, Granitplatten schaffen optisch einen Verbindungsweg zwischen den aufgestellten und den liegenden Platten. Dieter Appelt wurde 1935 in Niemegh geboren, sein Vater, ebenfalls Künstler, starb 1939. Nach seinem Musikstudium zog Dieter Appelt 1959 nach West-Berlin, studierte Kunst und experimentelle Photographie an der Hochschule der Künste unter Heinz Hajek-Halke. Der Musiker Appelt war von 1961 bis 1970 Mitglied der Deutschen Oper Berlin, seit Beendigung dieser Zeit widmet er sich in erster Linie der bildenden Kunst. Bei seinen Werken handelt es sich zumeinst um Installationen und provozierenden Photographien seines eigenen Körpers. Der Künstler Klaus W. Eisenlohr ist ebenfalls in Berlin in erster Linie als Filmemacher und Photograph tätig. Alle vier Künstler sind mit der HdK Berlin verbunden (Susanne Kähler, Jörg Kuhn).
Maße
TafelnStärke0.23 m
Verwendete Materialien
EinfassungBeton
WegplattenGranit
Tafeln
Technik
Fassunggegossen
Tafelngegossen
geschmiedet
gefräst
Wegplattengesägt
behauen
poliert
Inschriften
Inschrift (gegossen)
Auf einer Tafel im Boden eingelassen
ZUR ERINNERUNG AN 96 VON DEN NATIONAL- / SOZIALISTEN ERMORDETE REICHSTAGSAB- / GEORTNETE DER WEIMARER REPUBLIK ERRICH- / TETE DIE BÜRGERINITIATIVE "PERSPEKTIVE / BERLIN" DIESES DENKMAL, UNTERSTÜTZT VOM / DEUTSCHEN GEWERKSCHAFTSBUND, VOM / BEZIRKSAMT TIERGARTEN, VOM SENATOR FÜR / KULTURELLE ANGELEGENHEITEN UND ZAHL- / REICHEN BÜRGERINNEN UND BÜRGERN. / ENTWURF: APPELT . EISENLOHR . MÜLLER . ZWIRNER / BERLIN (Symbol Bärliner Bär) H & PW / Behr
Inschrift (gegossen)
Auf einer Tafel im Boden eingelassen
EINE GEDENKSTÄTTE ZUM ANDENKEN AN / DIE ERMORDETEN UND VERFOLGTEN MIT- / GLIEDER DES REICHSTAGES DER WEI_ / MARER REPUBLIK IST IM REICHSTAGS- / GEBÄUDE EINGERICHTET.
Inschrift (gegossen)
am Objekt
auf den einzelnen Tafeln des Gedenkmals stehen jeweils der Name und die Lebensjahre, der Ermordungsort und die Partei der ermordeten Person vermerkt, etwa: LOTTE ZINKE . 1891 + 1944 KZ RAVENSBRÜCK KPD
ZustandZeitpunkt
gesamtgut, Farbe des Betons blättert ab2003
Vollständigkeit
vollständig

  Nachweise

  • Endlich, Stefanie: Wege zur Erinnerung, Gedenkstätten und -orte für die Opfer des Nationalsozialismus, Berlin, 2007, S. 243-246.
  • Hausmann, Brigitte: Duell mit der Verdrängung? Denkmäler für die Opfer des Nationalsozialismus in der BRD 1980 - 1990, 1997, S. 271-272. Brigitte Hausmann, 1997, S. 271-272, Kat. Nr. 13

Ihre Information ist gefragt