Wolkentor

Wolkentor

Foto: Jürgen Tomisch, Barbara Anna Lutz, 2020, CC-BY-4.0

Das Edelstahl-Wolkentor ist eine der größten Plastiken Berlins. Das Kunstwerk steht auf einem schmalen Grünstreifen zwischen verschiedenen Parkflächen im Zufahrtsbereich des Flughafens. Von zwei hochragenden, gleichmäßig segmentierten Säulen wird eine drehbare Trommel gehalten, die, bei Inbetriebnahme der Mechanik, von Drahtgeflecht und Stahlkonturen umrissene Wolkenformationen abrollen ließ. Die Elemente der Säulen stammen aus der industriellen Fertigung von Zement-Tunnelöfen.
Heinz Ohff beschrieb zeitgenössisch das Lichtspiel: „ln den Rillen der Säulensegmente befinden sich Neonröhren, deren blaues Licht sich wie eine Aura um die mächtigen Träger herumlegt und von ihnen reflektiert wird. Und oben in der Trommel sind 24 Lampen angebracht, à 300 Watt, ein anderer Blauklang, der die Illusion von vorbeiziehenden Wolken hervorruft.“ (Ohff, Heinz: …, in: Tagesspiegel 25.11.75, nach: Endlich/ Gindhard 1987, S. 8.) Und weiter: „Die Skulptur hat ein Janusgesicht eines für den Tag und eines für die Dämmerung den Abend und die Nacht. Das Taggesicht ist technisch, präzise und erinnert schon durch das blanke, glänzende Material an Flugzeuge. […] Das Nachtgesicht ist transparent von Licht bestimmt und fast ätherisch. […] Wenn der 2 PS-Motor die Walze dreht, kann beim Einfallen der Dämmerung das Taggesicht allmählich in das Nachtgesicht hinüberrutschen, wobei der Eindruck, den man von der Plastik hat sich ständig wandelt. Dominiert bei Helligkeit das statische Element, so treten in der Dunkelheit die Bewegungs- und Lichtvorgänge in den Vordergrund.“ Dazu ist das Kunstwerk auch praktisch angelegt. So kann man zur Wartung „eine Säule innen besteigen, oben durch die Trommel […] hindurchgehen, Lampen austauschen und den von außen unsichtbaren Motor pflegen, dann durch die andere Säule wieder herunterklettern.“ (Ebd.) (Jürgen Tomisch, Barbara Anna Lutz).

  Werkdaten

SchaffendeDatierung
Brummack, HeinrichKünstler_In1975
Objektgeschichte
Das 1975 fertiggestellte Wolkentor von Heinz Brummack gehört, neben Chryssas Skulptur „Flug der Vögel" und dem Farb-Leitsystem der Zufahrten und Rampen von Werner Nöfer zu der Kunst am Bau, die bereits mit dem Neubau des Flughafens entstand – also weit vor dem Skulpturenprojekt von 1983-1985 installiert wurde. Die Herstellung des technisch aufwendigen Wolkentores dauerte, vom Entwurf bis zur perfekten Ausführung bei der Ecken KG in Köln, zweieinhalb Jahre. 1975 wurde das technische Kunstwerk, quasi als Eingangsportal, vor dem Flughafen auf einer Rasenfläche oberhalb des damaligen Parkplatzes P3 installiert. Seit wann die Mechanik des Kunstwerkes außer Betrieb ist, ließ sich nicht ermitteln, möglicherweise wurde das Kunstwerk nicht regelmäßig gewartet und instand gehalten, spätestens seit 1990 (vgl. vgl. Endlich / Wurlitzer 1990, S. 78f.) – wahrscheinlich länger – ist die Technik der Trommel defekt. Bei der Erfassung der Gruppe Bildende Kunst, um 2000, wird auch die ausgefallene/defekte Beleuchtung erwähnt. Etwa Mitte der 2000er Jahre(?) wurde, im Zuge einer Umorganisation der Parkflächen, die große Rasenfläche, auf der das Wolkentor aufgestellt worden war, zu einem sehr schmalen Grünstreifen verkleinert und unmittelbar vor dem Kunstwerk wurde die Parkreihe eines neuen Parkplatzes eingerichtet. 2020 ist das imposante Kunstwerk seit über 30 Jahren außer Betrieb, es ist verschmutzt und wirkt ungepflegt. Der unter Denkmalschutz stehende Passagier-Flughafen Berlin Tegel (Tegel-Süd) „Otto-Lilienthal“ entstand ab 1969-1975 nach Plänen der Hamburger Architekten Meinhard von Gerkan, Volkwin Marg und Klaus Nickels. Es ist vorgesehen, den für seine kurzen Wege bekannten Flughafen nach der Eröffnung im Oktober 2020 des neuen Flughafens in Berlin-Schönefeld (BER) still zulegen und einer neuen Nutzung zuzuführen. Das an der Zufahrt platzierte monumentale „Wolkentor“ von Heinrich Brummack wurde zum Wahr- und Merkzeichen des neuen Flughafens. In seiner technoiden Materialästhetik harmonisiert es vorzüglich mit der Space-Age-Architektur des von Gerkan & Marg entworfenen Flughafens. Der mächtigen Kulisse des Flughafengebäudes fügt es „etwas hinzu und zwar, trotz ihrer kolossalen Ausmaße, ein Element, das dem Bauwerk sonst fehlt: Grazilität, Verspieltheit.“ (Ohff, Heinz: ..., in: Tagesspiegel 25.11.75, nach: Endlich/ Gindhard 1987, S. 8.). Der 1936 in Treuhofen/Neumark geborene Bildhauer und Gartenarchitekt Heinrich Brummack absolvierte von 1951-1953 zunächst eine Lehre als Ziseleur. 1956-1964 studierte er an der Hochschule der Künste in Berlin bei Hans Uhlmann und Paul Dierkes, 1959 und 1960 auch an der Académie de la Grande Chaumière in Paris bei Ossip Zadkine. Er erhielt mehrere Auszeichnungen, wie den Villa Massimo-Preis und den Berliner Kunstpreis, und war 1982-2001 Professor für Plastisches Gestalten an der FH für Kunst und Design in Münster. Ab 1965 gestaltete Brummack Möbelskulpturen in üppigen Formen „zwischen Barock und Pop Art [...] als expressiv-abstrakte Darstellung der Umwelt“ (Meißner, Günter (Hrsg.): Allg. Künstlerlexikon [...],1996, Bd. 14, S. 521-522.). 1976 begann er architektonische Objekte aus einfachen Materialien und unter Einbezug der Natur zu schaffen, so konzipierte er seinen Beitrag zur documenta 8 – „Eine Skulptur, die heiratet“ – als jahreszeitliche Plastik. Ab 1980 gestaltete Brummack auch poetische Gärten. So vermitteln Brummacks Arbeiten auch Poesie und Humor. Der Kunstkritiker Heinz Ohff beschrieb 1975 das Wolkentor: „Das Kunststück, monumental zu arbeiten und trotzdem Witz und Charme in die Arbeit zu legen, bringt, so weit zu sehen, nur ein einziger Bildhauer fertig: Heinrich Brummack“, wobei Brummack „seinen Skulpturen immer gern ein doppeltes Antlitz gegeben“ habe; und weiter: „Stets spielte und spielt bei ihm der Humor eine Rolle, ein Augenzwinkern, ...“ (Ohff, Heinz: ..., in: Tagesspiegel 25.11.75, nach: Endlich/ Gindhard 1987, S. 8.). Dies gilt auch für zahlreiche weitere seiner Arbeiten, die diesem folgten. Im öffentlichen Berliner Raum ist neben den farbenfrohen Blumen auf dem Gelände der ehemaligen Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik in Wittenau u.a. sein „Nicht-Geburtstagsbrunnen“ in Berlin-Kreuzberg realisiert (Jürgen Tomisch, Barbara Anna Lutz).
Maße
gesamtHöhe15 m
Breite15 m
Gewicht24 Tonnen
StützenDurchmesser1.5 m
RingeHöhe0.71 m
ZwischenräumeHöhe0.29 m
Verwendete Materialien
Edelstahl
LED-Leuchten
Technik
Technik
gefräst
ZustandZeitpunkt
verschmutzt2020
Technikaußer Betrieb, Rolle dreht nicht mehr2020
LED-Leuchtendefekt, Leuchtröhren in Stützen defekt, Leuchtmittel in Rolle defekt 2020

  Nachweise

  • Meißner, Günter: Allgemeines Künstlerlexikon Print + Online, München, 2010, S. 521f.. München/Leipzig 1996, Bd. 14
  • Damus, Martin: Fuchs im Busch und Bronzeflamme. Zeitgenössische Plastik in Berlin-West, München, 1979, S. 111, 245.
  • Ehmann, Horst: Berlin: Kunst im Stadtraum, Berlin, 1988, S. 73, 156.
  • Ehmann, Horst: Berlin: Kunst im Stadtraum, Begleitheft, Berlin, 1988, S. 26.
  • Ehmann, Horst: Berlin: Kunst im Stadtraum, Begleitheft, Berlin, 1988, S. 156.
  • Endlich, Stefanie: Kunst am Flughafen Berlin-Tegel: Bilder, Skulpturen, Plastiken, Berlin, 1987, S. 2-5, 8-9.
  • Endlich, Stefanie: Skulpturen und Denkmäler in Berlin, Berlin, 1990, S. 78f..
  • Weber, Carmen Sylvia: Heinrich Brummack. Skulpturen, 2001, S. 5-11.

Ihre Information ist gefragt