Der sehr breit angelegte, 7 Meter hohe Brunnen nimmt mit seiner Rahmenarchitektur fast die gesamte West-Seite des Rüdesheimer Platzes ein. Durch den Höhenunterschied zwischen dem Bereich der Rüdesheimer Straße zum tiefer gelegenen Platzbereich zur Ahrweiler Straße hin war es dem Künstler möglich, eine wirkungsvolle, über Treppen begehbare Kulisse zu schaffen, deren figürlichen Elemente die Architektur überhöhen. Zwei Treppenläufe mit geschweiften Wangen flankieren die hohe Stützmauer, die zu Seiten des mittig angeordneten künstlichen Felsenberges je vier stilisierten Löwenkopfmasken mit Wasserspeiern zeigt. Das zum Platz hin gerundet ausschwingende Wasserbecken ist der Stützmauer vorgelegt. Auf den besonders ausgebildeten, sockelhaften Endpunkten der Stützmauer liegen zwei überlebensgroße Flussallegorien, nördlich die weibliche Liegefigur der „Nahe“ (bzw. „Mosel“), südlich der „Alt-Vater Rhein“. Die Allegorie der „Nahe“ (bzw. „Mosel“) hat als wichtigstes Attribut Weintrauben beigegeben, der „Alt-Vater Rhein“ ein Ruder, einen Ankerring mit Halterung und Schilf. Auf dem sich kegelartig auftürmendem künstlichen Felsen im Zentrum der Anlage erhebt sich überlebensgroß die Figur des Siegfried, ein gewaltiges, sich aufbäumendes Ross (sein Pferd „Grane“) zügelnd. Der weitgehend unbekleidet dargestellte Held der Nibelungensage ist in idealen Formen gebildet und hielt in seiner Linken eine Waffe (Speer), mit der Rechten die metallenen Zügel des Pferdes. Die Stützmauer, die stilisierten Löwenmasken der Wasserspeier und die Treppenanlagen sind aus Kunststein gearbeitet, die Fugen zwischen den Felsbrocken des Sockels der Siegfriedgruppe mit grobkörnigem Beton verfüllt.
Standort
Kategorie
Epoche
Schaffende/
Cauer, Emil d. J. (Künstler:in)
1911, Emil Cauer der Jüngere
Datierungshinweise
Wiedereinweihung des 1998 sanierten Brunnens: 29.05.1998, umfassende Restaurierung mit Ergänzungen 2013 bis 2014.
Objektgeschichte
Der ab 1906 geplante und 1909 so benannte Rüdesheimer Platz ist ein zentraler Schmuckplatz im so genannten „Rheingau-Viertel“. Die mehrstöckige Mietshausbebauung um den rechteckigen Platz, entworfen von Paul Jatzow, zeigt „ländlich“ gemeinte Schmuckformen nach dem Vorbild englischer Landhausarchitektur. Der Rüdesheimer Platz wurde im Auftrag der Terraingesellschaft Berlin-Südwest (auch: „Berlinische Bodengesellschaft“) entworfen. Über 300 Künstler bewarben sich mit Beiträgen. Wettbewerbssieger waren der Gartenarchitekt Heinrich Berg (1853-1913) und der Architekt H. von Hoven aus Frankfurt/Main. Der Platz wurde jedoch nicht in der von diesen beiden Architekten entworfenen Gestalt realisiert, sondern 1911-1913 durch lokale Kräfte, vermutlich Paul Jatzow (Architekt) und Richard Thieme (*1876, seit 1903 Stadtobergärtner in Wilmersdorf, später Stadtgartendirektor in Wilmersdorf) verändert (mit großer Rasenfläche) ausgeführt. Berg und v. Hoven hatten aber bereits einen repräsentativen Brunnen vorgesehen, für den ein gesonderter Wettbewerb ausgeschrieben wurde. Den offenbar erst Anfang 1911 ausgelobten Wettbewerb zu der gedachten Brunnenanlage gewann Emil Cauer d. J. (1867-1946), ein Schüler seines Vaters Carl Cauer in Bad Kreuznach, seines Onkels Robert Cauer in Rom und von Otto Lessing in Berlin. Cauer schuf eine insgesamt 36 Meter lange Wandzone mit acht Wasserspeiern in Form rechteckiger, stark stilisierter Löwenmasken, flankiert von Treppen. Die Wandenden oberhalb des halbrunden Beckens krönen über Sockelvorlagen zwei Liegefiguren, Allegorien von Rhein und Nahe, den beiden bei Rüdesheim zusammenfließenden Flüssen. Die Bezeichnung der weiblichen Allegorie als „Mosel“ ist ebenso zu finden, ist aber zugunsten der Bezeichnung „Nahe“ zu vernachlässigen. „Den Hauptakzent der Anlage erfährt aber der in der Mitte auf felsigem Hügel sich erhebende Siegfried mit seinem Hengst Grane. Das Motiv des antiken Rossebändigers auf dem Quirinal in Rom ist auf die aus der Rheingegend stammende Nibelungengestalt übertragen. Die gesamte Brunnenanlage (…) (ist) ein außerordentliches Zeugnis barockisierender Monumentalplastik (…), wie sie Emil C(auer)“ nie wieder geschaffen hat (zitiert nach Elke Masa, 1989, S. 308, Ergänzungen und Weglassungen durch den Autor JK). Im November 1911 war der Brunnen weitgehend fertig gestellt, einzelne ergänzende Maßnahmen scheinen sich aber bis 1915 hingezogen zu haben. In der Literatur ist zumindest die Angabe der Bauzeit 1911-15 zu finden, was sich nach den historischen Photographien nicht ganz nachvollziehen lässt (vgl. etwa Messer, Nicolai, Schuster, 1986, S. 36 und S. 61-62, sowie Klünner, 1998, S. 23) „1978 wurde anstelle des Rasenparterres ein Blumengarten von Landschaftsarchitekt Prof. Eberhard Fink angelegt. (…) 1988 wurde der Platz als wichtiges Zeugnis der Reformkunst kurz nach 1900 unter Denkmalschutz gestellt“ (Internetauftritt: Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin: http://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/org/umwelt/natur/gruenanlagen-ruedesheimer-platz). Durch Kriegszerstörungen1945 wurde der Brunnen und insbesondere die Figur des Siegfried stark fragmentiert. Wohl in den 1950er Jahren wurde der fehlende Kopf des Helden in stark vereinfachter Form ergänzt, außerdem zahlreiche weitere Details am gesamten Brunnen. Der Felsen wurde mit einer Betonschlemme überzogen.1998 erfolgte eine durch eine Spende des Lions Club Dahlem finanzierte Sanierung. darauf verweist eine kleine rechteckige Bronzeplakette an der inneren Treppenwange der rechten Treppenanlage. Auch in jüngerer Zeir kam es häufig zu starken Beschädigungen insbesondere durch beklettern der Figur. So wurde z. B. im Mai 2013 das rechte Vorderbein des Hengstes abgebrochen. 2013/2014 erfolgte eine umfassende Restaurierung der Figuren mit einigen Ergänzungen. Der Kopf des Siegfried wurde gänzlich neu nach historischen Fotos durch den Bildhauer Klaus Rieck geschaffen. Auch die rechte Schulter und die linke Hand Siegfrieds wurden ergänzt, außerdem die Nase des "Rheins" und die linke Hand der Nahe. Auf die Ergänzung des Speers in der rechten Hand des Siegfried verzichtete man. (Jörg Kuhn, Susanne Kähler)
Maße
Verwendete Materialien
Zustand
Vollständigkeit
vollständig, nach Sanierung 1998
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