Neugotische „Säule“

Neugotische „Säule“

Foto: Susanne Kähler, 2008, CC-BY-4.0

Das Denkmal ist aus Sandstein gearbeitet. Es handelt sich um einen konisch sich nach oben verjüngenden achteckigen Pfeiler mit einer vertikalen Gliederung in Gestalt einer sehr fein gearbeiteten neugotischen Blendarkatur. Oberhalb der lanzettförmigen schlanken Blendbögen, deren Sitzbögen ab der Kapitellzone über den Pfeilerkörper hinauswachsen, sitzt eine kegelförmige Verdachung mit Blattornamenten auf. Der Spitzenaufsatz ist abgebrochen und verloren. Die Blendnischen weisen zahlreiche Bohrlöcher auf. Gleichzeitig sind in die Nischenprofile, teilweise sogar in die Kapitelle Flächen eingeschnitten worden, die darauf hindeuten, dass die Blendnischen ursprünglich Füllungen aus einem anderen Material, vermutlich Gusseisen oder Marmor enthalten haben. Vermutlich handelte es sich um gusseiserne Inschriftentafeln. Je nach angenommener ursprünglicher Verwendung dürfte die Verdachung von einem christlichen Kreuz, einem Eisernen Kreuz oder aber von einer vegetabilen Form wie ein Pinienzapfen bekrönt gewesen sein (Jörg Kuhn).

  Werkdaten

SchaffendeDatierung
UnbekanntBildhauer_In1850-1899
Objektgeschichte
Die Geschichte des Monuments ist unbekannt. Vermutlich handelt es sich um ein Grabmal, oder um ein Kriegerdenkmal, etwa aus der Zeit nach den Befreiungskriegen oder, was noch wahrscheinlicher ist, aus der Zeit der beiden ersten Reichseinigungskriege 1864/1866. Die Abarbeitungen könnten dadurch entstanden sein, dass etwa 1870/1871 weitere Inschriften nötig wurden und mehr Platz für die Tafeln in Anspruch genommen werden musste. Sicher scheint, dass das Monument vor seiner späteren Inkorporation mit der Geschichte der Wohnsiedlung Lindenhof (1918-1921 von Martin Wagner; Parkgestaltung: Leberecht Migge) nichts zu tun hatte. Aus den Unterlagen, Zeitungsausschnitten, Literaturkopien, Fotodokumentationen und Zeitzeugenberichten, die im Schöneberg Museum zur Lindenhofsiedlung existieren, lässt sich herauslesen: Das Areal der Lindenhofsiedlung war, obgleich der Gemeinde Schöneberg gehörig, Teil des Rittergutes Tempelhof. Ein Teil des Geländes gehörte im mittleren 19. Jahrhundert dem Militärfiskus, ein anderer Teil dem Bankier Ferdinand Jaques aus Berlin. Ein Teil des ehemaligen Ritterguts Tempelhof erwarb die Familie Mette, einen anderen Teil die Familie des Friedrich August Willmann. Auf dem Gelände der Willmanns lagen zwei Gewässer, die Kleine blanke Helle und der Dorfpfuhl, nach ihrer Zusammenlegung 1919 der Parkweiher der Lindenhofsiedlung. Die alte Bezeichnung Dorfpfuhl könnte darauf verweisen, dass sich hier ursprünglich einmal eine dörfliche Ansiedlung befunden hat, die jedoch später wüst fiel. Bodenfunde gibt es keine. Die Willmanns betrieben hier eine Karpfenzucht und unterhielten einen Eislieferungsbetrieb namens „Eiswerke Tivoli“. 1899 ließ der Rittergutsbesitzer und Abgeordnete des Landkreises Teltow, Willmann, seinen Besitz durch Verfügung des Potsdamer Provinzialpräsidenten in „Lindenhof“ umbenennen. Der Lindenhof verfügte über ein zum Gutshaus umgebauten Bauernhaus. Zum Gutshaus gehörte ein Park mit altem Baumbestand und einem gemauerten Goldfischbassin. Die Willmannschen Erben – Friedrich August Willmann jun. starb 1910 – verpachteten den Lindenhof. Mindestens der Park ging eigentümlich in dieser Form an den Schöneberger Steinmetzmeister Nitze (beigesetzt auf dem Schöneberger Friedhof an der Dorfkirche). Als die 1898 zur Stadt gewordene Kommune Schöneberg 1917 den Lindenhof erwarb um hier ab 1918 die Lindenhofsiedlung zu errichten, wurde der Gutspark übernommen und zum Innenpark der neuen Siedlung durch Leberecht Migge umgestaltet. Die alten Bäume, das Goldfischbassin und auch die neugotische Sandsteinstele wurden aus dem alten Willmannschen Park übernommen. Die Geschichte der Lindenhofsiedlung wurde zu verschiedenen Anlässen – etwa Jubiläen – in den 1920er und 1930er Jahren in den Mitteilungsblättern des Genossenschaftsblattes dargestellt. Dabei wurde die „Säule“ einmal als ein auf die Willmanns zurückgehendes Traditionsmonument benannt, ein anderes Mal vermutet, dass Steinmetzmeister Nitze das Stück entweder selbst geschaffen habe oder aber von einer unbekannten „Baustelle“ mitgebracht habe. Es wurde vermutet, das Stück könne der „Spitze“ eines Turmhelmes gewesen sein. 1933 wurde das Goldfischbassin in einen Sandkasten umgewidmet. 1953-1955 ergrub man die alte „Brunnenfunktion“, stellte den Goldfischteich nicht wieder her, sondern legte erneut einen Sandkasten an. Denkbar ist, dass die neugotische Skulptur einst ein Grabmal war (Jörg Kuhn).
Verwendete Materialien
SäuleSandstein
Technik
Säulebehauen
ZustandZeitpunkt
gesamtveralgt2008
verwittert2008
Materialausbrüche2008
Vollständigkeit
beschädigtAufsatz der Verdachung ist verloren

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