Denkmal Stahlarbeitermarsch

Denkmal Stahlarbeitermarsch

Mahnmal für die Opfer des 17. Juni 1953
Foto: Jürgen Tomisch, Barbara Anna Lutz, 2020, CC-BY-4.0

Die Gedenkstele aus grauem Granit befindet sich auf einem mit Gehwegplatten gepflasterten Platz an südlicher Seite des Borsig-Sportplatzes. Das Mahnmal ist mittig auf einem würfelförmigen Sockel aus gleichem Material montiert, der nach vorne eine Aussparung hat. Die vierkantige, nach oben ragende Granistele hat abgerundete Kanten. An jeder der vertikal ausgerichteten Flächen und Kanten sind reliefartige Materialaussparungen vorgenommen, die die Oberfläche unterteilen und die Skulptur optisch verjüngen. Rückseitig wird der Gedenkplatz von dem Sportplatz durch eine ca. 50 cm hohe Mauer abgegrenzt. An dieser ist eine bronzene Gedenktafel angebracht (Layla Fetzer).

  Werkdaten

SchaffendeDatierung
Sartory, Barna vonKünstler_In1962
Datierungshinweise
Aufstellung 1963
Objektgeschichte
Am 17. Juni 1953 traten viele Ostdeutsche in Demonstrationen für die Einheit Deutschlands, freie Wahlen, die Senkung von Arbeitsnormen und den Rücktritt der SED-Regierung ein. An diesem Tag zogen 8000 Stahlarbeiter aus Henningsdorf durch die Berliner Straße in Berlin Tegel zu den Demonstrationen. Die Aufstände wurden von der sowjetischen Besatzungsmacht niedergeschlagen. "Sie alle hielt ein Durchmarschverbot des französischen Stadtkommandanten durch seinen Sektor nicht auf.“ (Klother, 1998, S. 226). Den zehnten Jahrestag des Aufstandes nahm der Bezirk Reinickendorf zum Anlass für die Errichtung des Tegeler Denkmals für die Henningsdorfer Stahlarbeiter, das gegenüber dem Haupteingang des Borsigwerks enstand und am 14. Juni 1963 eingeweiht wurde. Der 17. Juni wurde bis 1990 in der Bundesrepublik Deutschland und in Westberlin als gesetzlicher Feiertag der Deutschen Einheit begangen, an dem hier Berliner Politiker jährlich Kränze niederlegten und der Forderung nach Wiedervereinigung und freien Wahlen gedachten. Die vom Berliner Architekten und Bildhauer Barna von Sartory geschaffene Granitstele hatten die Borsigwerke vom Künstler für die Denkmalanlage erworben und gestiftet. Sartory schuf sie allerdings bereits 1962 im Rahmen des Westberliner Symposions Europäischer Bildhauer (1961-1963). Mit dem auf eine Initiative des österreichischen Bildhauers Karl Prantl zurückgehenden internationalen Symposion sollte ein Zeichen gegen den Bau der Berliner Mauer gesetzt werden. Die entstandenen Kunstwerke fanden zum Teil ihre Aufstellung im Freien vor dem Berliner Reichstag. Barna von Sartory hatte für seine Arbeit symbolträchtig aus der Teilruine des Reichstages eine Granitstufe geborgen und entsprechend bearbeitet (Nach Aussage der Witwe Barna von Sartorys. Vgl. Becker, Roland: Erinnerung gestohlen. In: Märkische Oderzeitung 22.05.2013). Ein Jahr später hat der Künstler die Stele vermutlich gern für den beabsichtigten Denkmalzweck abgegeben. War er doch als gebürtiger Ungar nach dem dortigen Aufstand 1956 aus seiner Heimat geflohen. Auch dort hatten wie in der DDR sowjetische Panzer den Aufstand niedergeschlagen. Die bei der Stele angebrachte Gedenktafel mit Erläuterung zum Denkmalort musste 2013 nach einem Diebstahl erneuert werden. Barna von Sartory schuf 1962 die Granitstele der Erinnerungsstätte als autonomes Kunstwerk in der für ihn charakteristischen abstrakt-geometrischen Formensprache. Die Stele entwarf er nicht zum Gedenken an die Henningsdorfer Stahlarbeiter, sondern im Rahmen eines Bildhauersymposiums. Damit löst sich die Denkmalsanlage in ihrer „abstrakten Gestaltung vom traditionellen Formenkanon kollektiven Erinnerns.“ (Demke/Hamann 2003, S.71). Nur mit der beigefügten Hinweistafel erschließt sich die Zweckbestimmung des Gedenkortes. Als elementare Stele aufrecht stehend und reliefartig modelliert geht eine mahnende und hinweisende Wirkung von ihr aus. Der Künstler selbst sah sie „wie ein Hinweiszeichen oder einen Meilenstein.“ (Elfert, 1996, S.73). Unter den Berliner Denkmalen für den 17. Juni nimmt die Tegeler Anlage darüber hinaus als ein Erinnerungszeichen an einem authentischen historischen Ereignisort eine besondere Stellung ein (Jürgen Tomisch, Barbara Anna Lutz).
Maße
SteleHöhe2.6 m
Breite0.3 m
Tiefe0.37 m
SockelHöhe0.4 m
Breite0.69 m
Tiefe0.54 m
Verwendete Materialien
Granit
Technik
behauen
poliert
Inschriften
Plakette (montiert)
an Mauer hinter dem Objekt
HIER ZOGEN AM 17. JUNI 1953 DIE HENNINGSDORFER STAHLARBEITER VORBEI ZUR STADTMITTE UND FORDERTEN DIE WIEDERVEREINIGUNG DES DEUTSCHEN VOLKES DURCH FREIE WAHLEN
ZustandZeitpunkt
gut2020
biogener Bewuchs2020
löchrig, zwei kleinere Löcher im oberen Bereich2020
Vollständigkeit
vollständigGedenktafel nach Diebstahl 2013 erneuert.

  Nachweise

  • Damus, Martin: Fuchs im Busch und Bronzeflamme. Zeitgenössische Plastik in Berlin-West, München, 1979, S. 22, 232, 254.
  • Demke, Elena: Der 17. Juni 1953 - eine Handreichung für den Unterricht. Berliner Landesinstitut für Schule und Medien, Berlin, 2003, S. 71f..
  • Endlich, Stefanie: Skulpturen und Denkmäler in Berlin, Berlin, 1990, S. 78.
  • Elfert, Eberhard: Bestehende Denkmäler zum 17. Juni in Berlin. Entstehung und Nutzung. In: Symposium zum Denkmal für die Ereignisse des 17. Juni 1953, Berlin, 1996, S. 71, 73, 80.
  • Kaminsky, Anna: Orte des Erinnerns: Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, Berlin, 2016, S. 136.
  • Klother, Eva-Maria: Denkmalplastik nach 1945 bis 1989 in Ost- und Westberlin, 1998, S. 226.
  • Messer, Elke: Neptuns Reich an der Spree: Berliner Brunnen von Begas bis Bonk, Berlin, 1986, S. 112.
  • Schlickeiser, Klaus: Entdecken Sie Reinickendorf. Spaziergänge in Tegel, Berlin, 2006, S. 111.

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