In die vertiefte Oberfläche eines an den Ecken gerundeten Betonsockels ist die in Bronze gegossene Sitzfigur eines leierspielenden Jünglings mit ihrer Plinthe eingelassen. Es handelt sich vermutlich um eine Darstellung des Musenführers Apoll. Der antike griechische Gott sitzt unbekleidet – bis auf die sandalenbekleideten Füße – auf einem Felssitz, über den ein Tuch gebreitet wurde. Der rechte Arm ist auf dem Sitz abgestützt. Mit der Linken hält Apoll eine Lyra (eher als eine Leier). Das Instrument ist auf einem Söckelchen abgestützt. Das rechte Bein des Gottes ist vorgestreckt, das Linke nach innen eingezogen (Jörg Kuhn).
Kategorie
Epoche
Schaffende/
Datierungshinweise
Kopie nach einem antikisierenden Bildwerk aus antiken und nachantiken Bestandteilen, vermutlich in der 2. Hälfte des 19. oder dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts entstanden; am 22.03.1964 hier aufgestellt
Objektgeschichte
Die sich in den Vatikanischen Museen befindliche Figur eines „Apoll“ oder „Sitzenden Jünglings mit der Leier“ ist eine jener beschädigt aufgefundenen antiken Bildwerke, die nach ihrer Auffindung im Auftrag des oder eines der frühen Eigentümer ergänzt worden sind. Diese Ergänzungen fanden in der Regel ohne eine tiefere Untersuchung der Herkunft oder ursprünglichen Bedeutung der antiken Figuren statt. Ziel war neben der Vervollständigung eine eindeutige Kenntlichmachung, wobei die neu geschaffenen Köpfe, Attribute oder Gliedmaßen mit der ursprünglichen Bedeutung der Figur nichts zutun haben mussten. Die 1964 in Spandau aufgestellt Plastik eines "Apoll" war, zusammen mit weiteren Kunstwerken, auf dem Anwesen Carinhall (auch: Karinhall) aufgestellt, das sich der NS-Politiker Hermann Göring hatte in der Schorfheide errichten lassen. Das „Verwaltungsamt für ehemaligen Reichsgrundbesitz“ lagerte die aus Carinhall übernommenen Kunstwerke im Keller in der Fasanenstraße. Das heute in dieser Form und unter diesem Namen nicht mehr existierende Amt (heute Teil der Sondervermögens- und Bauverwaltung bei der Oberfinanzdirektion) und der Bezirk Spandau schlossen im Dezember 1963 eine Überlassungsvereinbarung für 15 Kunstwerke. So gelangten die drei vorstehend benannten Plastiken, die offenbar schon 1962 in die Zitadelle Spandau transportiert worden waren, in den Verfügungsbereich des Bezirksamtes Spandau. Anderslautende Berichte über abenteuerliche Transporte von Carinhall nach Berlin oder die Zurückhaltung der in Westberlin sanierten Figuren vor dem Rücktransport nach Ostberlin im Zusammenhang mit dem Bau der Berliner Mauer im August 1961 dürften nach den Forschungen von Klaus Beetz von der Sondervermögens- und Bauverwaltung bei der Oberfinanzdirektion in den Bereich der Legende verwiesen werden (vgl: Martin Kaiser: Das Geheimnis der verschollenen Plastiken, in: Berliner Morgenpost vom 28.09.2000, Teil I; Zeitungsausschnitt im Archiv des Stadthistorischen Museums Spandau, Akten des Kunstamtes). Im Archiv des Stadtgeschichtlichen Museums Spandau befindet sich jedoch ein undatierter Zeitungsausschnitt aus dem Spandauer Volksblatt. Darin heißt es: „Ueber die Geschichte der drei Skulpturen, die gegenwärtig ‚Notaufnahme‘ in der Zitadelle Spandau gefunden haben (...) gab gestern Bezirksstadtrat Flieller vor den Vertretern von Presse und Rundfunk Auskunft. Danach wurden etwa zehn gleichartige Skulpturen aus Bronze nach Kriegsende von ihm in Hermann Görings ‚Karin Hall‘ sichergestellt und dem Lande Berlin übergeben. Wer ihr ursprünglicher Besitzer war, hat sich nicht mehr ermitteln lassen. Jetzt fügte es sich, daß dem Bezirk Spandau eine der Skulpturen als Leihgabe angeboten wurde. Flieller, der wenige Stunden nach dem Angebot am Aufbewahrungsort erschien, entschied sich für die Übernahme aller drei Figuren. (…) Die drei Bronzen (Apoll, Diana, Ares JK) sind vorzüglich erhalten (...), so daß ihr Erwerb für Spandau einen Gewinn darstellt. Wie Bezirksstadtrat Flieller weiter berichtete, steht es bereits fest, daß Diana auf einer Grünfläche am Hafenplatz aufgestellt wird, während die zukünftigen Plätze von Apoll und Ares noch nicht ausgemacht sind.“ Die Sitzfigur des Apolls wurde 1964 in der Grünanlage Heerstraße, Ecke Pichelsdorfer Straße aufgestellt. Am 22. März 1964 konnte Bürgermeister Ernst Liesegang die auf einem von Auszubildenden der Otto-Bartning-Schule geschaffenen Kunststeinsockel aufgestellte Plastik der Öffentlichkeit übergeben. Die Figur nahm damit eine Stelle ein, für die bereits 1928 ein Brunnen durch das „Stadterweiterungsbüro“ geplant gewesen war. 1937 wurde anstatt dessen eine Keramiksäule aufgestellt, die jedoch nach dem Krieg abgebrochen worden ist (vgl. Jürgen Grothe: „Apoll sitzt an der Heerstraße“, in: Spandauer Volksblatt vom 15.12.1971, Zeitungsausschnitt im Archiv des Stadthistorischen Museums Spandau, Aktenordner Denkmäler, 4-4.1). Im Oktober 1966 wurde die Plastik von ihrem Sockel gestoßen, konnte aber wieder aufgestellt werden (Martin Maischberger, Jörg Kuhn).
Maße
Verwendete Materialien
Bronze (Figur) (Materialarchiv)
Kunststein (Sockel) (Materialarchiv)
Technik
Inschriften
Bezeichnung (gegossen)
auf der Plinthe hinten
»A. FRILLI-S.A – FIRENZE«
Zustand
Vollständigkeit
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