Die abstrakte Plastik mit dem Titel „Prototyp“ steht auf der Zufahrtsebene vor der Haupthalle des Flughafen Tegel. Das Objekt markiert den Aufgang mit der Rolltreppe zum Parkplatz. Es ist zusammengefügt aus verschiedenen Materialien und ist auf zwei Bodenplatten, die auf dem gepflasterten Boden der Zufahrtsebene eingelassen sind, montiert. Auf der vorderen Platte steht ein vierkantige, vertikal ausgerichtete Metallstele mit quadratischer Grundfläche, die am oberen Ende schräg zugeschnitten ist. Auf dieser liegt, diagonal gen Himmel gerichtet, ein Doppel-T-Träger. Die Enden sind schräg zugeschnittenen Enden. Das untere Ende ist auf einer zweiten Metallplatte am Boden befestigt. Diese stabilisiert das Objekt. Auf dem Träger ist ein flaches Metallblech montiert, welches identisch ausgerichtet ist, den Träger jedoch überragt. Auf der Platte wiederum ist ein weiteres Element, ein nach oben spitz zulaufendes Rohr aus Edelstahl, befestigt, das mit der Spitze ebenfalls gen Himmel ragt. Dieses Element wird auf der Plastik mit einem Bronzeelement festgehalten, welches die Form eines nach hinten gerichteten Flügels hat. Die Oberfläche ist uneben. Das Material überlagert sich im vorderen Teil. Diese dynamische Oberflächenstruktur erinnert an eine Schieferplatte. Das Objekt erzeugt durch den Einsatz unterschiedlicher Materialien und verschiedenen Verarbeitungsformen eine Spannung und lädt zum näheren Betrachten ein. Die Gestalt erinnert an ein abstrahiertes Flugzeug, das im Begriff ist, in den Himmel zu steigen. Das Material weist unterschiedliche Korrosionszustände auf. Auf der vorderen Bodenplatte ist eine Bronzeplakette mit Objektinformationen angebracht (Layla Fetzer).
Der Künstler deutet sein Werk als Metapher unserer technisierten Welt und beschreibt es wie folgt: „Die Rampe, eine stabile Stahlkonstruktion, trägt, auf Rollen gelagert, eine Messingplatte mit eingearbeiteter Führung für den darauf ruhenden Pfeil. Während sein spitz zulaufender Körper aus geschliffenem Edelstahl besteht, perfekt und funktionell, ist das Leitwerk von einer ganz an- deren Qualität. In Wachs modelliert für den Bronzeguß, mit allen Spuren der Entstehung, besitzt es taktilen Charakter und scheint empfindlich zu sein. In die Fläche eingearbeitete Rudimente von Vogelskeletten deuten auf die Nähe gefährdeter und zerstörter Kreatur.“ (Paul Pfarr. Arbeiten 1971-1984. Berliner Künstler der Gegenwart […], 1984, S.89).
Standort
unbekannt
Kategorie
Epoche
Schaffende/
Pfarr, Paul (Künstler:in)
1982-1983
Datierungshinweise
aufgestellt 1984
Objektgeschichte
Die Plastik „Prototyp“ von Paul Pfarr ging prämiert aus einem Kunst-Wettbewerb für den Flughafen Berlin Tegel hervor. Um die Attraktivität des 1974 eröffneten Flughafens zu erhöhen, wurde 1983-85, in Zusammenarbeit mit der Berliner Flughafen Gesellschaft (BFG) Tegel, aus dem zentralen Fonds „Kunst im Stadtraum“ ein umfassendes Skulpturen- und Gemäldeprojekt zur Berliner Gegenwartskunst durchgeführt. Als Teil dieses Programms wurde 1982 ein (West-)Berlin offener Wettbewerb für Bildhauer zur Gestaltung der im Außenbereich liegenden Besucher- und Restaurantterrassen des Flughafens ausgeschrieben. Die zu planenden Objekte sollten „unter dem Thema »Technik und Fliegen« stehen und den Erlebniswert der Terrasse steigern.“ (Senator für Bau- und Wohnungswesen, Berlin (Hrsg.), Preisgerichtsprotokoll, Offener Wettbewerb, 1982, S. 7) Die siebenköpfige Jury, der auch der Architekt des Flughafens, Meinhard von Gerkan, angehörte, wählte zehn Arbeiten aus und entschied, einige dieser Objekte „außerhalb der vorgesehenen Standorte auf den Terrassen, [...] an besser geeigneten Plätzen aufzustellen.“ (Ebd.). Durch die modifizierte Standortwahl sollte zum einen die Kunst einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, zum anderen wollte man dem Risiko entgegen wirken, dass „der Eindruck einer heterogenen musealen Häufung von Kunstgegenständen“ entstehen könnte und auch den Kunstwerken einen Standort geben, „die aufgrund ihrer Größe auf einer der Terrassen in einen zweifelhaften Konflikt mit der Architektur geraten könnten.“ (Ebd.). Vier Arbeiten wurden für die Besucherterrasse ausgewählt, zwei für die Restaurantterrasse. Für die 1984 aufgestellte Arbeit von Pfarr wurde ein Platz im Außenbereich vor der Haupthalle gewählt: Auf der Zufahrtsebene, im Bereich zwischen der Rolltreppe vom Parkplatz und dem Eingang. Der unter Denkmalschutz stehende Passagier-Flughafen Berlin Tegel (Tegel-Süd) „Otto-Lilienthal“ entstand 1969-1975 nach Plänen der Hamburger Architekten Meinhard von Gerkan, Volkwin Marg und Klaus Nickels. Es ist vorgesehen, den für seine kurzen Wege bekannten Flughafen nach der Eröffnung im Oktober 2020 des neuen Flughafens in Berlin-Schönefeld (BER) still zulegen und einer neuen Nutzung zuzuführen. Mit am trefflichsten verkörpert der „Prototyp“ von Paul Pfarr das vorgebende Thema des Skulpturenwettbewerbs „Technik und Fliegen“. Mit seiner einem Flugkörper ähnlichen Gestalt ist es nach der Vorstellung des Künstlers „gleichsam eine Metapher unserer technisierten Welt, und besitzt in seiner formalen Ausprägung Elemente der Aerodynamik, Geschwindigkeit und Fortschrittsdenken, aber auch Aggressivität und Fetischcharakter.“ (Endlich/Gindhart: Kunst am Flughafen Berlin-Tegel, 1987, S.20). Die Plastik ist nach Pfarr noch weiter mit Symbolik aufgeladen. Sie ist von ihm als Sinnbild gedacht für die Gefährdung der Kreatur durch aggressiven Fortschrittsglauben, als ein Apell an unsere Verantwortung. Dies teilt sich dem Betrachter unterschiedlich mit: „Aus der Nähe kann man lange die nuancenreichen Muster, Oberflächen, Lichtreflexe beobachten. Von weitem ist die Klarheit der himmelwärts gerichteten Pfeilform eindrucksvoll, wobei die Veränderungen von Licht und Wolken für wechselnden Gesamteindruck sorgen.“ (Ebd.) (Jürgen Tomisch, Barbara Anna Lutz).
Maße
Verwendete Materialien
Technik
Inschriften
Signatur (eingeritzt)
»83/84 / Paul Pfarr«
Plakette (geschraubt, graviert)
auf dem Fundament
»Prototyp/ 1984/ Paul Pfarr, Berlin/ geb. 1938 in Stuttgart«
Zustand
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