Die historische Plastik des Schmiedes ist – wie auch die seines Pendants, des Gießers – als Teil der Präsenzausstellung des Museums Reinickendorf ein Ausstellungsstück im Eingangsbereich des Raumes: „Dampfloks, Bomben, Grenzanlagen – Reinickendorf im 20. Jahrhundert“. Die beiden Figuren, deutlich ein Paar, sind offensichtlich nach derselben Vorlage entwickelt worden. Sie unterscheiden sich in Haartracht und Kleidung, insbesondere aber durch ihre Attribute. Die aus Eisen gefertigten Werkzeuge mit ihren stark genarbten Oberflächen sind Originale aus Borsigs Fabrik. Ihr Erscheinungsbild entspricht dem „mittelalterlicher Handwerkerdarstellungen, wozu vor allem die »Dürer-Kappe«, die wie geschnitzt wirkenden Kopf-und Barthaare und die Beinkleider beitragen.“ (Bezirksamt Tiergarten von Berlin (Hrsg.) […], Berlin 1993, S. 11.) So trägt der „Schmied eine weite, halboffene Bluse mit aufgekrempelten Ärmeln, enge Beinkleider und Halbschuhe. Darüber hat er eine schienbeinlange, hoch in der Taille gegürtete Lederschürze, die mit breitem Riemen um den Hals befestigt ist. Eine barettartige Kappe bedeckt den vollbärtigen, von langem, ebenfalls lockigem Haupthaar umrahmten Kopf mit eher markanten als groben Gesichtszügen. Der rechte Fuß ist leicht in Richtung auf den am Boden abgestellten Hammer vorgesetzt, den der Schmied mit der rechten Hand am hölzernen Stil festhält, während er in der über dem Standbein vor der Hüfte angewinkelten Linken eine Zange trägt.“ (Puls 1996, S. 232.). Beide Figuren sind vollplastisch ausgearbeitete Standbilder, was ein Hinweis auf ihre ursprünglich freistehende Aufstellung ist. Sie wurden im Zinkhohlguss-Verfahren hergestellt und produktionsbedingt aus mehreren Einzelteilen durch Lötung zusammengesetzt. Dies ist stellenweise gut erkennbar. Sie sind mit einer farbigen Oberflächenbehandlung versehen, die Sandstein vortäuschen soll. Zur Befestigung an ihren früheren Standorten diente je ein Metallzapfen unter den Füssen. Im Inneren der Figuren befand sich eine ebenfalls angelötete Stützkonstruktion aus 25 mm Rundeisen. Eine Halterung auf Gürtelhöhe kam erst bei der Restaurierung 1990 hinzu (Jürgen Tomisch, Barbara Anna Lutz).
Kategorie
Epoche
Schaffende/
Blaeser, Gustav Hermann (Entwurf)
1853
Datierungshinweise
1898 Aufstellung im Borsigtor
Objektgeschichte
Die beiden Figuren Schmied und Gießer sind eng mit der Entwicklungsgeschichte der von August Borsig gegründeten Gießerei und Maschinenbau-Anstalt verbunden. Sie spiegeln in gewisser Weise das Wachstum und die Entwicklung der Borsigwerke wider. Auf welchen Künstler die in einem Zinkgussverfahren hergestellten Figuren zurückgehen, ist noch nicht endgültig geklärt. Der früheste Hinweis auf eine solche Arbeiterfigur ist von einer Schmied-Plastik überliefert, die der Bildhauer Gustav Blaeser für die Borsigwerke geschaffen hat. August Borsig gründete 1837 vor dem Oranienburger Tor, in der Berliner Chausseestraße seine erste Fabrikanlage. 1845 ließ Borsig das Hüttengebäude seines Werks vergrößern. Der Bildhauer Gustav Blaeser erhielt 1845/46 den Auftrag, für diesen Turm die Figur eines, vermutlich bronzenen, Schmiedes anzufertigen (vgl. Puls 1996, S.229 f., WVZ 45.1.). Zwischen 1847 und 1850 entstand in Moabit an der Spree eine zweite große Werksanlage. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts verlegten die Borsig-Werke ihren Sitz schließlich nach Tegel, wo 1897-1899 auf einem großen Areal am Tegeler See nach Planung der Architekten Konrad Reimer & Friedrich Körte neue Betriebsstätten errichtet worden waren. Im Zuge der Umsiedlung wurden die Standorte in Moabit und an der Chausseestraße aufgegeben. Die Werksanlagen an der Chausseestraße brach man ab; der Schmied von Blaeser gilt seither verschollen (vgl. Puls 1996, S.231.) Seine Form und Gestaltung diente aber vermutlich als Entwurfsvorlage für die heute im Museum Reinickendorf ausgestellten Figuren von Schmied und Gießer. Sie sind bereits 1853 vom Kunstformer Heinrich Ehrike gegossen und von Gustav Seidel und Louis Köppen zusammengefügt worden. „Ihre erste Erwähnung findet sich im Zusammenhang mit der Dekoration des Borsig-Festes zur Vollendung der 500. Lokomotive im März 1854, wo sie „als Repräsentanten der Eisenfabrikation und des Maschinenbau- es“ (in: Nationalzeitung, 26.3.1854, nach: Bezirksamt Tiergarten von Berlin (Hrsg.), Konzeption: Hillebrandt, Bernd: Schmied und Gießer [...], Berlin 1993, S.22.) neben der Büste August Borsigs von Friedrich Wilhem Dankberg, platziert worden waren. Ab 1858 schmückten die Plastiken zunächst die Pfeiler des Portals zum neuen Lokomotivhebewerk auf dem Areal an der Chausseestraße und ab 1867 über 30 Jahre die Pfeiler des Werkseingangs in Moabit (nach: Puls 1996, S. 232.). Als die Brüder Ernst und Conrad Borsig Ende der 1890er Jahre ihren Firmensitz nach Tegel verlegten, fanden die beiden Plastiken von Schmied und Gießer in den Nischen der massiven Rundtürme des 1898 im Stil der märkischen Backsteingotik errichteten Hauptportals, des Borsigtores“, eine repräsentative Aufstellung als Torwächterfiguren, ähnlich derjenigen, die „einst der Ur-Schmied an der Chausseestraße innehatte“ (Puls 1996, S. 232.). Anlässlich der Restaurierung des Borsigtores wurden 1990 auch die Figuren zur Restaurierung aus den Nischen im Tegeler Borsigtor entfernt. Die Lötnähte und auch die Oberflächen der Plastiken wiesen laut Restaurierungsbericht der Werkstatt Mühlenbein-Schelke „Alterserscheinungen wie Korrosionsabtrag, Rißbildungen und Materialermüdung“ auf. Bei den Restaurierungsarbeiten fand man im Inneren der Hohlkörper eingelegte Laufzettel, die Information zu Herstellern und Fertigstellung der Figuren geben. Geformt und gegossen wurden sie von „... Kunstformer Heinrich (?) Ehrike. Zusammengestellt von Gustav Seidel und Louis Köppen in Berlin.“ (Bezirksamt Tiergarten von Berlin (Hrsg.) [...], Berlin 1993, S. 11.). Während der Schmied erst im Dezember 1853 fertiggestellt wurde, entstand der Gießer bereits im März desselben Jahres. Nach der Restaurierung ersetzte man aus konservatorischen Gründen die Originalfiguren im Tor durch Galvano-Repliken mit sandsteinfarbenem Anstrich, gefertigt von der Regensburger Haber & Brandner GmbH. Die Originale stellte man 1993 im Foyer des Rathauses Reinickendorf neben dem Informationsschalter auf. Im März 2013 zogen die originalen Zinkgußfiguren ein weiteres Mal um. Seitdem sind sie in der Ständigen Ausstellung des Museums Reinickendorf ausgestellt. Eine weitere Galvanoguss-Kopie, jedoch ohne sandsteinfarbenen Anstrich, wurde für das Heimatmuseum Tiergarten gefertigt (Jürgen Tomisch, Babara Anna Lutz).
Maße
Verwendete Materialien
Zink (Materialarchiv) , farbig gefasst
Technik
Zustand
Vollständigkeit
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