Liegender Bison

Liegender Bison

Büffel, Wisent, Ur
Foto: Susanne Kähler, 2003, CC-BY-4.0

Dargestellt ist ein liegendes männliches Bison (Büffel) in realistischer Formulierung. Die annährend rechteckige Plinthe, über einem sehr flachen Sockel ruhend, zeigt ein formal stark summarisch angelegtes Naturrelief. Die Plinthe ist nach links zum Kopf des Tieres hin leicht ansteigend formuliert. Die Höhendifferenz zwischen granitener Sockelplatte und Plinthenunterseite scheint hier mit Beton ausgeglichen worden zu sein. Die Kantenbildung der Plinthe zeigt an der vorderen Längsseite links eine geringere Stärke gegenüber der restlichen Plinthe. Das mächtige lagernde Tier hat in realistischer Darstellung seine Vorderläufe zum Körper hin eingeknickt. Der linke Hinterlauf ist abgewinkelt seitlich des Körpers gelagert, wobei der Huf vorne über den Plinthenrand ragt. Der rechte Hinterlauf hält das Tier dergestalt unter den Körper eingeschlagen, dass der rechte Huf mit seiner Trittfläche vom Betrachter an der Hauptansichtsseite vorne wahrgenommen werden kann. Der mächtige Kopf mit dem wilden strähnigen Haarbausch und den teilweise polierten Hörnern ist leicht zur Seite, das heißt für den Betrachter der Hauptansichtseite, nämlich der vorderen Längsseite, nach vorne gewendet. Die Bronzeplastik ist auf der Plinthe vorne rechts bezeichnet. In vertiefter Schreibschrift ist hier „R. Siemering“ zu lesen. Das naturalistisch formulierte Fell ist stellenweise durch eine hellgrünliche Patina belebt und durch eine besonders sorgfältige Ziselierung in der Wirkung betont. Aus dem mächtigen Kopf mit dem wilden Deckfell ragen die glatt formulierten Hörner hervor. Durch Abrieb der Patina schimmern sie braungold, ein möglicherweise sogar von Siemering selbst beabsichtigter Effekt. Die dunkel patinierten Augen haben einen rötlichen Glanz. (Susanne Kähler, Jörg Kuhn)

  Werkdaten

SchaffendeDatierung
Siemering, RudolfBildhauer_In1893-1902
Fa. LauchhammerGießerei
Datierungshinweise
Aufstellung der Zweitgüsse um 1901 am Floraplatz im Großen Tiergarten in der Nähe der 1906 aufgestellten Reitenden Amazone. Aufstellung am aktuellen Ort (am Englischen Garten) zwischen 1962 und 1969. Eine Rückführung zum Floraplatz ist vorgesehen (Stand 2019).
Objektgeschichte
1878 erhielt Siemering den Auftrag zum George-Washington-Nationaldenkmal für Philadelphia in den USA. Die acht Tierfiguren im Sockelbereich wurden ab 1885 gegossen. Das 1897 fertig gestellte Denkmal begeisterte auch Kaiser Wilhelm II. und er beauftragte Zweitgüsse der acht Tierfiguren, die in Philadelphia im Fairmont Park die allegorischen Gruppen der Staatenallegorien am Sockel des Denkmals begleiteten. Zwischen August 1900 und Januar 1901 wurden die Zweitgüsse am Floraplatz im Großen Tiergarten aufgestellt, dessen neues Zentrum - anstelle der namengebenden barocken Florafigur - 1906 die Reitende Amazone von Tuaillon wurde. Im Zweiten Weltkrieg beschädigt, zwei Tiere (Stier und Bär) heute verschollen. In der Nachkriegszeit Verteilung der erhaltenen sechs Tierfiguren im wiederaufgeforsteten Großen Tiergarten. 1990 zwei Bisonfiguren leihweise bei der Ausstellung "Ethos und Pathos. Die Berliner Bildhauerschule 1786-1914" im "Hamburger Bahnhof" an der Invalidenstraße in Berlin. Danach Rückführung in den Tiergarten. Die Rückführung der erhaltenen sechs Plastiken zum Floraplatz ist geplant (Stand 2019; vgl. u. a. Gesa Loschwitz: "Auf der Suche nach Bär und Stier", in: https://www.german-architects.com/pt/architecture-news/meldungen/auf-der-suche-nach-baer-und-stier, abgerufen am 16.04.2019). Im Auftrag des Landesdenkmalamtes, Referat Archäologie und Gartendenkmalpflege, hat die Berliner Kunsthistorikerin Nicola Vösgen ab 2016 eine umfangreiche kunsthistorische Untersuchung zum Floraplatz unternommen, deren Ergebnisse im LDA Berlin vorliegen) (Jörg Kuhn, Susanne Kähler, Nicola Vösgen).
Verwendete Materialien
FigurBronze
StandplatteGranit, grau
Technik
Figurgegossen
patiniert
Standplattebehauen
geglättet
Inschriften
Bezeichnung (gegossen)
an der Plinthe
R. Siemering
ZustandZeitpunkt
Figurverschmutzt2003
korrodiert
Patinaberieben, teilweise
Standplatteverschmutzt, leicht
Vollständigkeit
vollständigursprünglicher Sockel verloren

  Nachweise

  • Daun, Berthold: Siemering, Leipzig, 1906, S. 68-92, 114-115.
  • Wirth, Irmgard: Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Bezirk Tiergarten, Berlin, 1955, S. 211.
  • Bloch, Peter: Die Berliner Bildhauerschule im neunzehnten Jahrhundert : das klassische Berlin, Berlin, 1994, S. 180-181, 310. Spalten, mit Abbildung
  • Wendland, Folkwin: Der Große Tiergarten in Berlin, Berlin, 1993, S. 211. mit falscher Datierung der Erstgüsse
  • Scholz, Ute Maria Ursula: Das Leben und Werk des Bildhauers Rudolf Siemering 1835-1905, 1981, S. 231-234. Teil II, Kat.-Nr. 81, Abb. 102-104
  • Bloch, Peter: Ethos und Pathos: die Berliner Bildhauerschule 1786-1914, Berlin, 1990, S. Bd. I, 299-300. Kat..-Nr. 255
  • Endlich, Stefanie: Skulpturen und Denkmäler in Berlin, Berlin, 1990, S. 174.
  • Reclams Kunstführer Berlin, Stuttgart, 1991, S. 199.

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