Das Monument, das wegen des sumpfigen Baugrundes auf zahlreichen eisenarmierten, jeweils 8 Meter langen Betonpfeilern aufruht, hat einen gerundeten Sockelunterbau aus Granit. Darauf erhebt sich in der Form eines dreiseitigen, an den Ecken abgestumpften „Pavillons“, dessen Erscheinung sowohl an neubarocke Kuppenlaternen (wie etwa auf dem zeitgleich errichteten, neubarocken Gerichtsgebäude Grunewaldstraße / Ecke Martin-Luther-Straße in Berlin-Schöneberg) wie auch an neubarocke Kachelöfen erinnert (daher auch der volksmundige Titel „Musikerofen“ für das Denkmal), die aus gelblich getöntem Marmor vom Pentelikon über einem Klinkerkern gefügte Denkmalarchitektur. Die drei Seiten zeigen gering tiefe Rundbogennischen mit eingestellten Halbfiguren, darstellend Mozart, Haydn und Beethoven. Die Halbfiguren sind zwischen 1,56 und 1,70 Meter hoch. Die im Sinne eines krassen Realismus formulierten Halbfiguren sind aus Laaser Marmor gearbeitet. Das Porträt Beethovens gestaltete Siemering nach der geschönten Totenmaske (Exemplare u. a. in Bonn, Beethovenhaus und Marbach am Neckar, Deutsches Literatur-Archiv), das Porträt Haydns nach einer zeitgenössischen (?) Porzellanbüste der Wiener Manufaktur (vgl. Daun, 1906, S. 116). Mozart ist als junger Mann im höfischen Rokokokostüm wiedergegeben. Zitathaft tippt er mit einer Notenrolle in der rechten Hand in die linke Handfläche, angeblich eine ihm eigene Gestik, die er, aus dem Stehgreif komponierend, beim Sinnen über ein Thema zeigte. Die Nischenwölbung hinter seinem mit gepuderter Perücke bedeckten, nach links gewendetem Kopf ist im Relief mit Rosen geschmückt, deren matte Vergoldung vergangen ist. Das tragende Element der Konsole, auf der die Halbfigur aufruht, ziert das Relief einer jungen weiblichen Tänzerin, die aus einem Korb, den sie auf dem Kopf trägt, Blumen streut. Den Oberkörper hält sie zurückgedreht, so dass das Gesicht im Profil zu sehen ist. Der feinlinige, in tänzelnder Bewegung gezeigte Körper wird durch das durchscheinend gearbeitete Gewand antiken Zuschnitts kaum wirklich verhüllt. Die allegorische Figur symbolisiert Mozarts heitere Musik. Haydn ist als gealterter Mann mit hohem Rockkragen und kurzhaariger Perücke wiedergegeben. In der Hand hält er ein Notenbuch. Das Gesicht mit dem sinnenden Blick ist nach links gewendet. Die Nischenwölbung hinter seinem Haupt schmücken im Relief gegebene Ähren und Kornblumen, ehemals matt vergoldet. Die kräftige Konsole, die die Büste trägt zeigt im unteren Bereich ein von Schmetterlingen umgebenes, tanzendes Landmädchen. Die Relieffigur zeigt ein feines, dem Thema angemessenes Linienspiel. Das Relief soll allegorisch die Beschwingtheit von Haydns Menuetten symbolisieren. Beethoven, ein Seelenmensch, war bekanntermaßen, forciert durch seine zunehmende Taubheit, als nicht besonders feinsinnig im Umgang mit Gesprächspartnern bekannt. Der grobknochige Kopf mit dem breiten Gesicht, hier bei der Halbfigur jäh nach rechts gewendet, saß auf einem pyknischen Körper – was Siemering jedoch gnädig kaschiert. Die Augen sind weit geöffnet, Hinweis auf Beethovens aufgeklärte Weltneugier und den Zwang, mit den Augen die tauben Ohren zu ersetzten. Das Rund seiner Nische wird durch ehemals matt vergoldete Disteln geschmückt, die sinnbildlich auf seine schweres Leben verweisen sollen. Die Konsole seiner Halbfigur stützt eine Reliefpostament mit der künstlerisch gut formulierten, jedoch im Verhältnis zur Halbfigur zu klein wirkenden Figur eines tief nach hinten gebeugten, felsensprengenden Titanen. Allegorisch soll hiermit Beethovens gewaltiges Ringen zwischen beschränkter Physis, ökonomischen und emotionalen Sorgen und seinem brodelnden künstlerischen Genie symbolisiert werden. Siemering zeigt sich gerade bei diesem symbolistischen Relief auf der künstlerischen Höhe der Zeit, denn etwa zeitgleich schaffen auch andere in Berlin wirkende Künstler, etwa Franz Metzner, Hugo Lederer, Hermann Feuerhahn oder der in München ansässige Fritz Behn, allesamt jünger als Siemering, Bildwerke, die die Kunsthistorikerin Sibylle Einholz in ihrem grundlegenden Aufsatz „Der gezwängte Mensch, Beobachtungen zu Berliner Grabreliefs des frühen 20. Jahrhunderts“ (in der Zeitschrift des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft, Berlin 1989) wissenschaftlich untersucht und gewürdigt hat. An den stumpfen Kanten, durch Pilaster betont, hingen ursprünglich bronzene, vergoldete Reliefappliken mit der Darstellung von paarweise angeordneten Masken (Tragödie, Komödie), umgeben von verschiedenen Blas- und Streichmusikinstrumenten (nach 1947 in Verlust geraten, bei der Wiederherstellung 2001-2007 rekonstruiert). Oberhalb der Halbfigurennischen breitet jeweils ein lyrahaltender Schwan seine Flügel aus. Das ausschwingende, mehrfach profilierte Karggesims über dem Mittelbau des Monumentes trägt das 2007 wieder vergoldete Kuppeldach. Die Oberfläche ist mit einem schuppenartigen Ornament, das eine Schindeldeckung vorgeben soll, gestaltet. Das gewölbte Dach läuft zum Zentrum gespitzt zu und seine Grate enden unten in blätterverzierten Eckvoluten, die je einen Pinienzapfen- paradiesischer Lebensbaum und „Nabel der Welt“ – stützen. Auf der Dachspitze stehen auf einer Blattwerkbasis drei galvanoplastische Puttenfiguren, auch sie ehemals vergoldet, die mit durchgedrücktem Rücken auf ihren Händen an den zur Mitte hin hochgereckten Armen einen mächtigen liegenden Lorbeerkranz tragen. Das Motiv der dachbekrönenden Putten ist im 18. Jahrhundert mehrfach nachzuweisen, etwa auf dem von Langhans für König Friedrich Wilhelm II. errichteten Belvedere im Park von Schloss Charlottenburg. Die am „Musiker-Denkmal“ eingesetzte Materialvielfalt und die Polychromie sind noch ein typisches Kennzeichen hochhistoristischer Denkmalkunst. Die beabsichtigte Spiegelung des Monuments im Wasser des Goldfischteiches war Teil der Inszenierung. Durch die veränderte Situation von Monument, Teich und Denkmalumgebung ist diese ursprüngliche Wirkung heute nur noch eingeschränkt erlebbar (Jörg Kuhn).
Standort
Kategorie
Epoche
Schaffende/
Siemering, Rudolf (Künstler:in)
1898-1904
Siemering, Wolfgang (Architekt:in)
H. Gladenbeck & Sohn (Bildgießerei) (Gießerei)
Firma von Walther und Paul Gladenbeck, Friedrichshagen bei Berlin
Württembergische Metallwaren-Fabrik Geislingen (WMF) (Gießerei)
Puttenfiguren der Bekrönung
Möbius (Ingenieur:in)
der acht Meter tiefen Betonpfahl-Gründung
Rathgen, Friedrich Wilhelm (Beteiligte:r)
Chemiker, Beratung der Marmortönung
Datierungshinweise
Einweihung in der Nacht vom 1. zum 2. Juli 1904, Wiederherstellung 2001-2007
Objektgeschichte
Aufgestellt anstelle einer Antikenkopie, der so genannten "Venus von Capua" (ein weiß oder polychrom gefasster Zinkguss). „Nach weitgespannten Entwürfen für einen Wettbewerb zur Aufstellung im Kastanienwäldchen der Singakademie 1891 und 1895 wurde diese Fassung (des Musiker-Denkmals) für den Tiergarten am Goldfischteich geschaffen (...)“ und zwar für über 97.000 Goldmark (vgl. Reclam Kunstführer Berlin, 1991, S. 202). „Das Werk ist in seiner jetzigen Form die Frucht langjähriger Arbeit. Die erste Anregung ging von dem verstorbenen Direktor der Singakademie, Professor Dr. Martin Blumner, aus" (H. Müller-Bohn, 1905, S. 45). Einweihung in der Nacht vom 1. zum 2. Juli 1904. Im Zweiten Weltkrieg beschädigt und vereinfacht wieder hergestellt. Starke Beeinträchtigung durch den Bau der so genannten Entlastungsstraße durch den Großen Tiergarten (heute zwischen Kemperplatz und Hauptbahnhhof untertunnelt). Starke Vandalismusschäden in der Zeit bis 1991. Abgebaut zu Beginn der 1990er Jahre. Wiederherstellung 2001-2007. Das Denkmal hat den seltsamen Kosenamen "Musiker-Ofen". Dies rührt zum einen von der Architekktur her, die an einen neubarocken Prunkofen des Historismus erinnert, zum anderen durch die Assoziation zu den biblischen drei "Männern im Feuerofen" (Buch Daniel, Kapitel 3). Bei aller kunstwissenschaftlichen Kritik, die dem Denkmal in reicher Form besonders im mittleren 20. Jahrhundert zu Teil geworden ist, handelt es sich um ein erstrangiges Denkmal des hochhistoristischen bürgerlichen Geschmacks der späten Kaiserzeit (Jörg Kuhn).
Maße
Verwendete Materialien
Mauerwerk (Kern)
Marmor (Verkleidung) (Materialarchiv) , gelblicher pentelischer Marmor
Granit (Unterbau) (Materialarchiv) , grau
Bronze (Putten) (Materialarchiv) , weißer Laaser Marmor aus Tirol
Galvanobronze (Gehänge), vergoldet
Galvanobronze
Inschriften
Inschrift (eingemeißelt)
am Objekt
»BEETHOVEN MOZART HAYDN«
Zustand
Vollständigkeit
vollständig, nach der Grundinstandsetzung und Ergänzung 2001-2007
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