Auf den Betonpfosten, seitlich der Treppenanlage, die hinab zum Hof des Siedlungsblockes Grazer Damm 173 bis 179 (östliche Straßenseite) führt, befinden sich zwei, auf viereckigen Plinthen sitzende etwa lebensgroße Bärenfiguren aus rötlichem Kunststein. Die Tiere sind leicht stilisiert und in ihrer Haltung etwas vermenschlicht dargestellt. Beide Bären wenden ihren Kopf nach außen. Jeder Bär sitzt auf seinem Hintern, die Pfoten nach vorne gelegt. Der linke Bär mit halbgeöffneten Maul scheint etwas von seiner Tatze zu schlecken (Jörg Kuhn, Susanne Kähler).
Kategorie
Epoche
Schaffende/
Wenke, Karl (Künstler:in)
1938-1940, zugeschrieben durch Annette Tietenberg (1994)
Objektgeschichte
Der Grazer Damm als Verbindung zwischen Autobahnkreuz und Insulaner entstand in den 1930er Jahren. Die Wohnsiedlung „Grazer Damm“ ist zwischen 1938 und 1940 errichtet worden und wurde 1992 als Zeugnis des Nationalsozialistischen Städtebaus in die Denkmalliste eingetragen. Die Geschichte der Bebauung dieses Areals begann mit der Übernahme des ehemaligen Berliner Südgeländes 1938 durch die GSW, die Gemeinnützige Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft Berlin mbH, als Treuhänderin. Mit der Planung der Wohnbebauung wurden die Architekten Carl Cramer, Ernst Danneberg, Richard Pardon, Ludwig Spreitzer und Hugo Virchow beauftragt. Der Bebauungsplan von Carl Cramer vom 9.2.1938 wurde bis 1940 ausgeführt. Entlang einer Mittelachse des Grazer Dammes entstanden neun fünfgeschossige Wohnblöcke um weiträumig angelegte Innenhöfe, insgesamt 2035 Wohnungen wurden fertig gestellt. Den Mittelpunkt der Anlage stellt der Grazer Platz (ehemaliger Nathanaelplatz) dar, der sich im rechten Winkel zum Grazer Damm zwischen der Rubensstraße und dem Riemenschneiderweg erstreckt. Vor den Fassaden, die sich an der Südseite des Platzes befinden, stehen vier weitere Tierskulpturen. Annette Tietenberg (s.: A. Tietenberg: Die Wohnsiedlung Grazer Damm auf dem Schöneberger Südgelände, in: Berlin in Geschichte und Gegenwart, Jahrbuch des Landesarchivs Berlin, Berlin 1994, S. 207-230, hier: S. 213/214) nennt diese Skulpturen sowie Laubengänge in den Grünanlagen der Siedlung allgemein als Elemente, die dazu dienen sollten, Wohnsiedlungen aus der Zeit des Nationalsozialismus eine gemütliche Atmosphäre zu verleihen. Sie führt aus, dass Tierliebe innerhalb der ideologischen Vorstellungen der Zeit mit „Heimatschutz“ gleichzusetzen sein und damit „dem deutschen Naturell“ entsprechen würde. Zu der Ausstattung der Wohnanlage Grazer Damm mit Skulpturen gehört auch die Brunnengruppe „Schneewittchen und die Sieben Zwerge“ (Riemenschneiderweg / Vorarlberger Damm) von Arthur Wellmann, die nicht nur als Hinweis auf die auch im Nationalsozialismus populären Märchen der Gebrüder Grimm sondern auch auf die Rolle der Mutter im Nationalsozialismus gedeutet werden kann (vgl.: Annette Tietenberg: Die Wohnsiedlung Grazer Damm auf dem Schöneberger Südgelände, in: Berlin in Geschichte und Gegenwart, Jahrbuch des Landesarchivs Berlin, Berlin 1994, S. 207-230, hier besonders S. 215). Die Autorin schreibt die Tierskulpturen der Siedlung dem Bildhauer Karl Wenke zu, der nach dem Krieg die Bildhauerwerkstatt des Senats geleitet hat und dem zahlreiche Denkmäler und Skulpturen Berlins der 1950er Jahre zuzuschreiben sind. Tietenberg stützt sich bei ihrer Zuschreibung auf Stilvergleiche und auf einen sich im Koblenzer Bundesarchiv befindlichen Briefwechsel zwischen Wenke und GBI (Generalbauinspektor der Reichshauptstadt Berlin) aus dem hervorginge, dass Wenke für die Skulpturen verantwortlich sei. Auch wenn die Bären in ihrer künstlerischen Gestaltung zwischen vermenschlichter Darstellung der Tiere und Stilisierungstendenzen, wie wir sie noch von der Tierplastik des Art Deco kennen, nicht als erstklassig zu bewerten sind, so sind sie doch als Teil des Ensembles von großer Bedeutung. Von der ursprünglich wohl reicheren Ausstattung der Innenhöfe mit Plastiken ist nur noch wenig erhalten, der gesamte Bereich östlich des Grazer Dammes hat bis auf den Schneewittchenbrunnen keine weitere plastische Ausstattung mehr. Die sehr einförmige Fassadenreihe der Ostseite des Grazer Dammes erhält durch seine Tierplastiken zumindest einige Orientierungspunkte, die Durchgangsbereiche werden so nach außen sichtbar (Jörg Kuhn, Susanne Kähler).
Verwendete Materialien
Kunststein (Figur) (Materialarchiv) , rötlich
Technik
gegossen (Figur)
Zustand
Vollständigkeit
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