Die große Springbrunnenanlage besteht aus einem nierenförmigen kniehohen Kunststein-Wasserbecken mit fünf asymmetrisch angeordneten stilisierten Seehunden, deren Schnauzen Wasserfontänen in das Bassin speien. An der Stirnseite des Beckens ist der Rand zweistufig wie Landzungen geformt, die in das Beckenwasser ragen und aus denen die Seehunde herauswachsen. Auf der Beckenumrundung sind 16 Namen von früheren und jetzigen deutschen Städten an der Ostseeküste in weißem Mosaik eingelegt. Die wasserspeienden Fischkörper sind von hellbunten vielfältig geschwungenen Mosaiken umgeben, die sich mit Meereswellen assoziieren lassen. Bis auf die Kupferköpfe der Seehunde sind ihre Körper mit bunten Mosaiksteinen belegt, die ein bandartiges geometrisches Dekor abbilden. Der Boden des Wasserbeckens besteht aus Kieselmosaik, was stimmig zur Illusion eines Meeresstrandes passt. Die Nieren- form des Beckens, die kleinteiligen Mosaike, ihr Dekor und ihre Farbigkeit und auch die Stilisierung der Wassertiere sind typisch für das Stilempfinden der 1950er Jahre. Seit 1996 ist der Brunnenbetrieb eingestellt. Das Becken wird zwischenzeitlich als Pflanzbeet genutzt.
Ursprünglich stand der Brunnen inmitten einer kleinen Grünanlage vor dem Erweiterungsbau des Rathauses Reinickendorf aus den 1950er Jahren. Umgeben war er von Natursteinplatten. Heute ist er Teil eines breiten Vorplatzes, der auch den U-Bahneingang einbindet und der mit Kunststein-Gehwegplatten gepflastert ist (Jürgen Tomisch, Barbara Anna Lutz).
Standort
Kategorie
Epoche
Schaffende/
Schultze-Seehof, Gerhard (Künstler:in)
1955-1957
Objektgeschichte
Der zum Gedenken an die Teilung Deutschlands errichtete Ostsee-Brunnen wurde am 24. Juli 1957 in Anwesenheit von Vertretern der Landsmannschaften der Ost- und Westpreußen sowie Pommern in Betrieb genommen. Für Entwurf und Ausführung der Mosaike des Springbrunnens war das Künstlerehepaar Gerhard und Irene Schultze-Seehof verantwortlich. Die Brunnenanlage wurde vom Bezirk Reinickendorf im Zusammenhang mit der Erweiterung des Rathauses Reinickendorf errichtet. Mit dem letzten Bauabschnitt 1954-57 entstand vor dem neuen Haupteingang auch ein gärtnerisch gestalteter Vorplatz am Eichborndamm, auf dem der Ostsee-Brunnen seine Aufstellung fand. Der renovierungsbedürftige, bereits 1996 stillgelegte Brunnen war mangels erforderlicher Sanierungsgelder 2002 bepflanzt worden. Die Brunneneinfassung und Mosaikarbeiten zerfallen weiter. Der Brunnen ist Teil des Baudenkmals Rathaus Reinickendorf. Der vom Bildhauerehepaar Gerhard und Irene Schultze-Seehof geschaffene Brunnen vor dem Rathaus Reinickendorf ist ein zeitgeschichtliches Dokument der Deutschen Teilung. Darüber hinaus spiegelt er revisionistische Haltungen der 1950er Jahre wider, da nicht nur die Teilung in Erinnerung gerufen sondern auch der Verlust der Ostgebiete beklagt wird. Gerhard Schultze-Seehof hat in der Nachkriegszeit „ein umfangreiches Oeuvre geschaffen, das sich symbolhaft mit der Zerstörung des Krieges und zugleich mit dem Wiederaufbau und damit dem Überlebenswillen“ Berlins auseinandersetzt. (Witt, Sabine: 2. Geheimnis: Kennen Sie Berlins größte Trümmervase? In: Morgenpost vom 26.10.2015). Bei diesen Arbeiten sind farbige kleinteilige Mosaike – wie auch beim Ostsee-Brunnen – wichtige Gestaltungsmittel. Im Zusammenspiel mit asymmetrischen Formen, hier die Nierenform des Beckens und die Gruppierung der Seehunde – sind sie charakteristische Stilelemente der bildenden Kunst der 1950er Jahre (Jürgen Tomisch, Barbara Anna Lutz).
Maße
Verwendete Materialien
Beton (Becken) (Materialarchiv)
Kunststein (Rand) (Materialarchiv)
Kiesel (Boden), Kieselmosaik
Mosaik (Fischfiguren) (Materialarchiv)
Kupfer (Materialarchiv)
Inschriften
Inschrift
auf dem Brunnenrand
»MEMEL / KÖNIGABERG/ ELBING/ DANZIG/ ZOPPOT/ STOLP/ KOLBERG/ STETTIN/ SWINEMÜNDE/ GREIFSWALD/ STRALSUND/ BERGEN/ SASSNITZ/ WARNEMÜNDE/ ROSTOCK/ WISMA«
Signatur (mosaiziert)
auf dem Beckenrand
»Schultze-Seehof«
Zustand
Vollständigkeit
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