Weltbaum II

Weltbaum II

Foto: Pauline Ahrens, 2022, CC-BY-4.0

An einer langen schwarzbraun verrußten Brandmauer aus Ziegel an der Kehrseite der Gebäude an der Kantstraße 139 und der Bleibtreustraße 7 befindet sich das mehrteilige Werk der Künstlergruppe unter Leitung und Einfluss von Ben Wagin. Es ist vom Gleis des S-Bahnhof Savignyplatz einsehbar.
Der “Weltbaum II” ist wie eine Art Galerie aufgebaut und besteht aus einem großen dominierenden Halbrelief und einer Vielzahl an weiteren kleineren Reliefs, Halbreliefs, Bild- und Inschriftentafeln. Auf den Tafeln sind Symbole und Bilder, wie z.B. eine Rose eingeritzt, oder literarische Zitate zum Thema Natur und Kultur von Günter Eich (1907-1972), Bertolt Brecht, Theodor Heuss, Friedrich von Schiller (1759-1805) und Ernst Jünger (1895-1998).
Fast über die gesamte Bildbreite erstreckt sich ein verzweigtes Geäst eines Baums, aus dem einige Figuren heraustreten. So sind auf der linken Reliefhälfte fratzenartige Gesichter mit aufgerissenen Mündern und Totenschädel zu sehen. Auf der rechten Reliefhälfte sitzen in dem Geäst eine Mutter mit Kind, eine Person mit verbundenen Augen, eine Schlange, die eine Figur zu erdrücken scheint und einige weitere figürliche Darstellungen (Pauline Ahrens).

  Werkdaten

SchaffendeDatierung
Wagin, BenKünstler_In1985-1986
Künstlergruppe
Zusammenarbeit mehrerer Künstler:innen mit Ben Wagin und Verwendung von Werken weiterer Künster:innen
Datierungshinweise
enthüllt am 01.11.1986
Objektgeschichte
Vor Wagins “Weltbaum II” zierte eine Giebelwandbemalung, die eine Art Lokomotive darstellte, von Hans-Dieter Bolle (1976) die Brandmauer. Die ehemalige Gestaltung von Bolle wurde von der Allgemeinen Treubau-Wohnungsgesellschaft in Auftrag gegeben. Von 1985 bis 1986 gestaltete Ben Wagin in Zusammenarbeit unter Verwendung der Werke weiterer 18 Künstler:innen die Brandmauer gegenüber des S-Bahnhofs Savignyplatz. Unter den knapp 50 Darstellungen finden sich so auch Arbeiten von sehr bekannten Künstlern, wie Joseph Beuys und Günter Grass, dessen Motive Wagin für den Weltenbaum II verwendete. Fertiggestellt und enthüllt wurde das Werk am 01.11.1986, wie sich auf einer Inschriftentafel ablesen lässt. In der Originalkomposition waren neben den zahlreichen Text- und Bildtafeln und (Halb-) Reliefs zusätzlich ausrangierte S-Bahn-Türen enthalten, die Wagin in Anpassung an die Türhöhe der einfahrenden Bahnen an die Brandmauern nagelte. Diese sind heutzutage nicht mehr vorhanden. Thematisiert wird die Umweltzerstörung, wobei der Baum als eine Art “Lebensbaum” im Zentrum steht. Verstanden werden kann das Werk in diesem Rahmen als ein symbolträchtiger Weckruf und Warnung an die Menschen, die Natur und den Baum des Lebens nicht weiter zu zerstören. Ben Wagin war neben seinen künstlerischen Arbeiten ebenso für sein politisches Engagement als Umweltaktivist und Baumpate bekannt. So ist der “Weltbaum II” auch in Anlehnung an andere Arbeiten Wagins, wie dem heute nicht mehr vorhandenen Wandbild “Weltbaum” am Siegmundshof 21 (S-Bahnhof Tiergarten; heute nur eine Kopie der Gruppe Berlin Art Bang in der Lehrter Straße vorhanden) entstanden. Seit Mitte 2021 war der Erhalt des “Weltbaum II” bedroht. Die Verwaltungsgesellschaft „Immofinanz Management“ der Häuser, an deren Brandwänden das Werk angebracht ist, teilte Wagin Ende Mai 2021 mit, dass das Werk aus Sanierungsmaßnahmen an der Außenwand zu entfernen sei. Sie baten ihm die Möglichkeit, sein Kunstwerk bis zum 30.06.2021 “selbst zu sichern oder gegebenenfalls Fotodokumentationen oder Ähnliches vorzunehmen”. So wäre eine Wiederanbringung mit eigenen finanziellen Mitteln nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen möglich. Kurz darauf (28.07.2021) verstarb Ben Wagin. Der “Weltenbaum II” ist heute noch vorhanden und wurde gegen Ende 2022 vom Landesdenkmalamt unter Denkmalschutz gestellt (Pauline Ahrens). weitere Quellen: Edition Luisenstadt (2005)Weltbaum II, In: Berliner Bezirkslexikon, Charlottenburg-Wilmersdorf, https://berlingeschichte.de/lexikon/chawi/w/weltbaum_ii.htm (letzter Zugriff am 16.01.23) Berlin stellt Wandgemälde am S-Bahnhof Savignyplatz unter Denkmalschutz. (2022, 9. Dezember). rbb24 - Rundfunk Berlin-Brandenburg. https://www.rbb24.de/kultur/beitrag/2022/12/weltbaum-2-ben-wagin-denkmalschutz-savignyplatz.html Daniel. (2021, 31. Juli). Rettung für den Weltbaum II? moderneREGIONAL [Blog-Beitrag]. https://www.moderne-regional.de/rettung-fuer-den-weltbaum-ii/ Jürgens, I. (2021, 30. Juli). Ben Wargin: Der Mann der Bäume ist tot. Berliner Morgenpost, Berlin, Germany. https://www.morgenpost.de/kultur/article232915753/Aktionskuenstler-Ben-Wagin-mit-91-Jahren-gestorben.html
Maße
gesamtLänge100 m
Verwendete Materialien
, verschiedene
Technik
gegossen
bemalt
geritzt
Inschriften
Tafel (Lettern vertieft, geritzt)
Giebelfeld
DIE NATUR / BRAUCHT UNS / NICHT / ABER WIR / BRAUCHEN / DIE NATUR
Tafel (Lettern vertieft, geritzt)
Giebelfeld
WER MÖCHTE LEBEN / OHNE DEN TROST / DER BÄUME! / WIE GUT, DASS SIE / AM STERBEN / TEILHABEN. / GÜNTER EICH
Tafel (Lettern vertieft, geritzt)
Giebelfeld
WAS SIND DAS FÜR ZEITEN / WO EIN GESPRÄCH / ÜBER BÄUME FAST / EIN VERBRECHEN IST / WEIL ES EIN SCHWEIGEN/ ÜBER SO VIELE / UNTATEN / EINSCHLIESST! / BERTOLT BRECHT
Tafel (Lettern vertieft, geritzt)
Giebelfeld
MAN KANN MIT / POLITIK / KEINE KULTUR / MACHEN / ABER VIELLEICHT / MIT KULTUR / POLITIK / THEODOR HEUSS
Tafel (Lettern vertieft, geritzt)
Giebelfeld
IDEALISTEN / SIND IMMER IN DER / GEFAHR / AN IHREM / IDEALISMUS / ZU GRUNDE / ZU GEHEN. / FRIEDRICH V. SCHILLER
Tafel (Lettern vertieft, geritzt)
Giebelfeld
BRUDER / MENSCH / HATUNS SCHON / OFT VERLASSEN / BRUDER / BAUM / NIE / ERNST JÜNGER
Tafel (Lettern vertieft, geritzt)
Giebelfeld
JEDER JAHRESRING / IST EIN SINNBILD / FÜR GELEBTE KRAFT, / IST WIE EINE FALTE / IN EINEM GESICHT. / M. BIKKEL
Tafel (Lettern vertieft, geritzt)
Giebelfeld
WELTBAUM II 1985 -- 1.11.86. / ANATOL. ANLAUF. BEUYS. BUBENIK. CAPA. / DRESSLER. GRASS. HAMM. HUESKENS. JAIN N.K. / JANSSEN. JONAS. KAHLO. KRIEGER. PETERS. / RICHTER. RISCHAR. WARGIN. WEIDEMANN.
ZustandZeitpunkt
bemalt2022
Abplatzungen2022
verwittert2022
Vollständigkeit
unvollständigS-Bahn-Türen fehlen

  Nachweise

  • Meyer-Kronthaler, Jürgen: Berlins S-Bahnhöfe. Ein dreiviertel Jahrhundert., 1999, S. 251 f..
  • Endlich, Stefanie: Skulpturen und Denkmäler in Berlin, Berlin, 1990, S. 2-3.

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